Es ist bedrückend eng in dem kleinen, schlauchförmigen Raum. Ein Motor rattert, fast meint man, der Raum bewege sich dazu im Takt. Auf einem Bildschirm am einen Ende des Raums dreht ein LKW-Fahrer den Besuchern halb sein Gesicht zu. „Reist nur in Gruppen und nie bei Nacht“, rät er. Als man den Raum schließlich verlässt, wähnt man tatsächlich auf der Flucht.
Genau dieser Ansatz, der direkt auf die Emotionen der Besucher zielt, ist es, der die multimediale Ausstellung „Menschen auf der Flucht“, mit dem der Missio-Truck des Internationalen Katholischen Missionswerkes in dieser Woche in Wolfsburg gastiert, so besonders macht.
VW-Azubis sind beeindruckt
Die ersten, die eine Flucht samt seiner Gefahren und Probleme, nacherleben konnten, waren am Montag Auszubildende von Volkswagen. Dort steht der Missio-Truck noch bis einschließlich Dienstag, bevor er von Mittwoch bis Freitag auf dem Hollerplatz in der Innenstadt Station macht.
Die VW-Azubis lobten die Ausstellung, die sich bezeichnenderweise innerhalb des durch ganz Deutschland, Österreich und die Schweiz tourenden Trucks befindet, bereits in höchsten Tönen. „Ich habe Ding erfahren, von denen ich bisher gar nichts wusste“, sagte etwa Azubi Can Yavas. Etwa, dass die meisten der 70 Millionen Flüchtlinge weltweit, gar nicht ihr Land verlassen und dennoch vertrieben und heimatlos sind – nur zwei Prozent schaffen es überhaupt nach Europa, erfährt man in der Ausstellung.
Wie fühlt sich Flucht an?
Azubi Luk Gittner hat vor allem die Nähe beeindruckt. „Man kann sich gut in die Menschen hineinversetzen. Ich war ganz erschrocken, auch weil ich mich persönlich wie wahrscheinlich viele jungen Menschen viel zu wenig mit dem Thema auseinandersetze“, erzählt der 20-Jährige. Der multimediale Einsatz eigne sich aus seiner Sicht hervorragend, um genau diese Zielgruppe anzusprechen.
Eine Ausstellung wie ein Videospiel
Was unsere Smartphones mit Flucht zu tun haben
Der Schauplatz der nachempfundenen Flucht ist bewusst gewählt: Die Demokratische Republik Kongo. Obwohl eines der ressourcenreichsten Länder der Erde, ist die Bevölkerung bitter arm. Ganz im Wesentlichen Schuld daran ist das Smartphone. Das zur Produktion benötigte Coltan wird dort von bewaffneten Gruppen abgebaut. „Sie zwingen die Männer und Kinder in den Minen zu arbeiten und setzen sexuelle Gewalt gegen die Frauen als Kriegswaffe ein“, beschreibt Zimmermann. Über das,, weitere Fluchtursachen, die Flucht und diverse Vorurteile gegenüber Geflüchteten werden die Besucher aufgeklärt.
Neue Impulse für die Flüchtlingshilfe
Das passe hervorragend zur Flüchtlingsarbeit von Volkswagen, ist Ariane Kilian, Leiterin der Konzern Flüchtlingshilfe, die den Truck ins Werk eingeladen hatte, überzeugt. „Das ist ein sehr spannendes Projekt, mit dem wir neue Impulse in unserer Arbeit setzen können“, lobte sie. „Es ist wichtig, das Thema erlebbar zu machen“, freute sich auch Christoph Görtz, Leiter der Berufsausbildung. Die Resonanz unter den Auszubildenden sei hervorragend. Monika Müller, Sozialdezernentin der Stadt Wolfsburg, zeigte sich besonders zufrieden, dass die Wahl des Schauplatzes auf die DR Kongo gefallen ist. „Die Smartphone-Problematik zeigt, dass Flucht uns alle angeht und ein Alltagsthema ist, das macht sich leider kaum jemand bewusst.“
Von Steffen Schmidt