Jugendtreff Forsthaus Fallersleben: Selbstverwaltung als Chance

Das Jahr 2021 wird zukunftsweisend für den Jugendtreff Forsthaus in Fallersleben. Im Dezember hat der Rat der Stadt Wolfsburg beschlossen, dass die Einrichtung ab dem 1. Januar 2022 als selbstverwaltetes Haus allein durch den Aktionsrat geführt werden soll. „In mehreren Workshops werden wir jetzt gemeinsam festlegen, wo es hin geht“, sagt Janis Klara vom Aktionsrat. Finanzen für freie Entscheidungen: Dazu gehört erst einmal, dass sich die Aktiven über gemeinsame Ziele klar werden. Einig sind sie sich schon in einem wichtigen Punkt: Sie brauchen Geld. Aber: Dass das Forsthaus unter Eigenregie der Jugend laufen soll – ähnlich wie zurzeit nur das Jugendhaus Ost – hat vor allem finanzielle Gründe. Als der frühere Leiter aus Fallersleben beruflich andere Wege einschlug, wurde seine Stelle von der Stadtverwaltung nicht neu ausgeschrieben. Zeitweise war sogar von Schließung des Forsthauses die Rede. Die Selbstverwaltung bietet eine Chance, das Gebäude weiterhin zu nutzen. Sascha Graubner, Mitglied im Aktionsrat, sieht darin inzwischen auch Vorteile: „Wir werden deutlich freier in unseren Entscheidungen sein“, sagt der junge Mann. Bisher gilt das Prinzip der Mitverwaltung, und das klappte jahrelang sehr gut. Ursprünglich hatte sich das Team in Fallersleben deshalb auch gar nicht um mehr Verantwortung gerissen. Aber der Aktionsrat hatte längst unter Beweis gestellt, dass auf ihn Verlass ist – auch durch die Zusammenarbeit mit anderen Vereinen und dem Ortsrat bei Veranstaltungen wie dem „Weihnachtszauber“. Politiker honorierten das in den vergangenen Jahren mit Zuschüssen. Auch 2020 gab es eine Spende. „Das Geld werden wir für die Modernisierung und Renovierung nutzen“, verrät Graubner. „Wir wollen das Café aufhübschen. Das wurde vor etwa 30 Jahren das letzte mal frisch gestrichen.“ Neben Wandfarbe braucht der Aktionsrat Material für eine neue Theke, will den Boden versiegeln und die Beleuchtung erneuern. In den Workshops geht es künftig um Dinge, mit denen sich bisher eine pädagogische Kraft der städtischen Jugendförderung beschäftigt hat: Richtlinien und gesetzliche Vorgaben zum Jugendschutz oder die Organisationsstruktur zum Beispiel. Der stellvertretende Stadtjugendpfleger Christoph Block und Jens Ninnemann (Fachteam Selbstverwaltung und freie Träger) beraten den Aktionsrat. Die Stadt Wolfsburg bleibt auch nach dem 1. Januar 2022 grundsätzlich für die Unterhaltung des Gebäudes zuständig. Flache Hierarchie und mehr Frauen: „Wir wollen keine Vorsitzenden, wir wollen flache Hierarchien“, sagen die Beteiligten im Forsthaus. Einzelne Kleingruppen sollen gleichberechtigt bei den wöchentlichen Treffen ihre Ideen und ihren Bedarf für anmelden. Da wird dann zum Beispiel darüber abgestimmt, ob Geld vom Forsthaus-Konto für das nächste Metal-, Techno- oder Rap-Konzert investiert wird. Zurzeit bilden neun Jungs das Gremium. Ein Ziel ist, auch junge Frauen und Mädchen mit einzubinden. „Die weibliche Sicht wäre nicht schlecht“, meint Graubner, der hofft, dass deren Ideen mehr Angebote für Besucherinnen im Forsthaus schaffen könnten, die hier bisher eher selten zu Gast sind. Lesen Sie auch Fallersleben: Wirbel um die neue Erhaltungssatzung Fallersleben/Sülfeld: Chöre erhalten Zuschüsse vom Ortsrat Lyrikerin Marlene Hörmann bringt Wärme in Wolfsburgs Weihnachtsstuben Damit der Jugendtreff und sein Aktionsrat nicht irgendwann mit Nachwuchssorgen zu kämpfen haben, soll es weiterhin auch Angebote für Kinder geben. Allerdings würden die Jugendlichen für diesen Bereich gern eine qualifizierte Honorarkraft einstellen, die zu verlässlichen Zeiten zweimal pro Woche das Haus öffnet. Von Andrea Müller-Kudelka