So funktioniert es mit dem Homeschooling im Landkreis Gifhorn

Je länger die Corona-Zwangspause an den Schulen dauert, desto größer wird die Gefahr, Lerninhalte nicht mehr vermitteln zu können. „Irgendwann können wir das ganze Schuljahr knicken“, stellt Bastian Liebold fest, Lehrer am Philipp-Melanchthon-Gymnasium in Meine. Homeschooling ist das Gebot der Stunde. Das Gymnasium hat zurzeit komplett auf Online-Unterricht umgestellt und nutzt als Plattform Google-Meet. Es gilt der normale Stundenplan, mindestens die Hälfte der Stunden wird per Videokonferenz unterrichtet. „Die Rückmeldung von Schülern und Lehrern ist, dass es besser klappt als erwartet“, freut sich Rektor Stephan Oelker. Und zwar in allen Fächern. Joachim Nieswand bestätigt das für seinen Physik-Unterricht: „Ich nutze mein iPad als Tafel und bei Experimenten als Videokamera“, führt er vor. „Das einzige, was fehlt: Die Schüler können nicht selber experimentieren.“ Melden per Chat-Abkürzung: Nieswand gestattet einen Einblick in den Englisch-Unterricht der 7b, dort ist er Klassenlehrer. Oben links auf seinem Laptop-Bildschirm ist eine „Tafel“ zu sehen, rechts am Bildschirmrand läuft eine Chat-Leiste. „M steht für Melden“, erklärt Oelker. So signalisieren Schüler, dass sie etwas beitragen möchten. Die Mikrofone sind stumm geschaltet, bis Referendarin Nele Grußendorf einem Schüler das Wort erteilt. „Das läuft sehr geordnet“, stellt Nieswand fest. Zwischen Tafel und Chat ist Platz für die Live-Videos der rund 25 Schüler. „Das ist fast so wie persönlicher Kontakt“, sagt Oelker. Bis hin dazu, dass am Ende einer Stunde ein Schüler seinen Hamster in die Kamera hält. Bloß mit Klassenarbeiten ist es schwierig, „das müssen wir auf die Zeit des Präsenzunterrichts verschieben“, so Oelker. Alle sind begeistert, wie souverän die Schüler mit der Technik umgehen. „Mancher Schüler gibt auch mal einem Lehrer einen Tipp“, berichtet Liebold. „Und die Kollegen entdecken, was alles möglich ist. Da entwickelt sich manches neue Konzept.“ Das auch nach Corona in den Unterricht einfließen wird, da ist Oelker sich sicher. Startprobleme an der Freiherr-vom-Stein-Schule: „Wir waren die einzige Schule in Trägerschaft der Stadt ohne IServ-Zugang“, berichtet Dr. Detlef Eichner, Rektor der Gifhorner Freiherr-vom-Stein-Hauptschule. Deshalb gab es Startprobleme beim Homeschooling für die Jahrgänge fünf bis acht. Glücklicherweise habe man an einer Adhoc-Sonderaktion des Anbieters teilnehmen können, der den Aufbau eines Schulnetzwerks inklusive Webportal ermöglicht hat. Noch glücklicher ist Eichner darüber, dass man trotz „Präsenz-Wegfalls“ kurzfristig alle Beteiligten mit dem System habe vertraut machen können. Zudem würde beim Homeschooling die ohnehin „intensiv betriebene Homepage“ der Schule genutzt. Dort werden die Aufgaben für die unteren Jahrgänge eingestellt. Aber man handele auch „proaktiv“ und versuche, die Schüler individuell zu kontaktieren – so weit möglich: „Da ist uns ein ganzer Teil weg gebrochen, weil wir sie nicht erreichen können. Entweder weil die Telefonnummern oder E-Mail-Adressen mal wieder nicht aktuell sind – oder Einzelne sich mittags noch im Tiefschlaf befinden.“ Wöchentlich persönliche Kontakte: Mit Homeschooling arbeitet auch die IGS in Wittingen – sie nutzt ebenfalls die Plattform IServ. Die dabei beschrittenen Wege – Aufgaben, Videokonferenzen, Chats und Mail-Kontakt – „sollen auch für spätere Einsätze evaluiert werden“, sagt Direktor Stefan Krauß. Dann könne nach Wiederbeginn des Präsenzunterrichts durch Tests, Lernzielkontrollen und mündliche Abfragen das beim häuslichen Lernen erworbene Wissen überprüft werden – die Aufgaben müssen verpflichtend bearbeitet werden, die Lehrer stehen zu festen Zeiten für Rückfragen zur Verfügung, es gibt wöchentlich persönliche Kontakte zu den Schülern. Bevor das Homeschooling startete, haben die Tutoren und Tutorinnen die technische Ausstattung der Schüler zuhause abgefragt. „So können wir sicher alle erreichen und unsere Aufgabenverteilung besser koordinieren.“ Das Freiwilligenzentrum sucht für die Kinder- und Jugendwohngruppen der Diakonische Jugend- und Familienhilfe Kästorf Unterstützung beim Homeschooling. Die Kids hoffen auf geduldige und wertschätzende Menschen, die bei der Bewältigung der Aufgaben helfen. Kontakt unter Tel. (01 71) 52 71 145 (Eckart Schulte). Von Christina Rudert und Jörg Rohlfs

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