Wenn Konzerne Insolvenz anmelden müssen, überstehen sie diesen Schritt nur selten in ihrer alten Struktur. In der Regel melden sich beim Insolvenzverwalter nur Interessenten für einzelne Geschäftsbereiche – und selbst dort bleibt meist wenig wie zuvor. Für die Mitarbeiter ist das natürlich bitter, aber wirklich überraschen kann sie diese Entwicklung nicht: Hätte es für das gesamte Firmengebilde ein funktionierendes Geschäftsmodell gegeben, wäre es ja nicht zur Pleite gekommen. Insofern folgt die allmähliche Abwicklung von Thomas Cook einem bekannten Schema.
Ungewöhnlich ist hingegen die große Zahl der vom Untergang betroffenen Kunden. Quer durch Europa müssen Hunderttausende Urlauber ihre Ferien neu planen – vorausgesetzt, dass sie sich eine erneute Buchung noch leisten können, falls die Entschädigungen für die bereits an- oder komplett bezahlte Reise so gering ausfallen sollten, wie Experten befürchten.
So reichen die Folgen dieser Pleite auch über das einzelne Unternehmen hinaus: Der Vertrauensverlust in die Sicherheit der Pauschalreise trifft die gesamte Branche.
Dieses Dilemma haben sich die Veranstalter selbst zuzuschreiben. An Warnungen vor einer zu geringen Absicherung im Fall einer Insolvenz hat es in der Vergangenheit nicht gefehlt – wegen der Scheu vor steigenden Prämien für die nötigen Policen verhallten sie jedoch ungehört.
Auch in Berlin: Statt eine EU-Richtlinie zum besseren Schutz von Reisenden in deutsches Recht zu gießen, hat die Bundesregierung bisher nur ein Gutachten in Auftrag gegeben, um eine vernünftige Höhe für die Haftungsgrenzen zu finden. Für geprellte Urlauber hat diese Tatenlosigkeit aber einen Vorteil: Sie verbessert ihre Ausgangslage bei Schadensersatzklagen gegen den Staat.
Von Jens Heitmann