Niedersachsen: Werden Polizisten, Lehrer und Verkäuferinnen zu spät gegen Corona geimpft?

Die ersten Corona-Impfungen in Deutschland rücken näher. Doch die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Freitag angekündigte Reihenfolge der Impfungen sorgt für Ärger. Vertreter von Ärzteschaft, Lehrkräften und Polizei fordern schnelle Impfungen für ihre Berufsgruppen. Auch Niedersachsen Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) äußerte Kritik an den Vorgaben. Land macht sich für Polizei stark: Es sei bedauerlich, dass Berufsgruppen, die ebenfalls beruflich oft direkten Kontakt zu anderen Menschen hätten, „noch eine gewisse Zeit lang warten müssen, bis sie geimpft werden können“, sagte Weil. Als Beispiele nannte er Polizisten, Lehrer, und Mitarbeiter im Einzelhandel. Es sei aber richtig, zunächst diejenigen schützen, „bei denen das Risiko bei einer Corona-Infektion schwer krank zu werden oder sogar zu sterben, besonders hoch ist“, sagte Weil. Zuvor hatte bereits Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) gefordert, dass Polizeibeamte schneller gegen das Coronavirus geimpft werden als von der Ständigen Impfkommission empfohlen. „Wenn wir jetzt möglicherweise Impfzentren und Transporte schützen, können wir es uns nicht erlauben, dass ein Teil des Polizeipersonals wegen Corona-Infektionen ausfällt“, sagte Pistorius. Über 80-Jährige haben Priorität: Mit der Unterzeichnung einer Verordnung hat Spahn den rechtlichen Rahmen für Massenimpfungen geschaffen. Die Verordnung legt eine Reihenfolge von drei Bevölkerungsgruppen fest, die sich als erstes impfen lassen können. Zur Gruppe eins mit der „höchsten“ Priorität gehören Hochbetagte über 80, Pflegekräfte und teilweise das Gesundheitspersonal. Diese sollen wohl ab 27. Dezember zuerst geimpft werden. „Die Schwächsten zu schützen, das ist das erste Ziel unserer Impfkampagne“, sagte Spahn. Zur Gruppe zwei mit „hoher“ Priorität gehören unter anderem über 70-Jährige und Menschen mit hohem Risiko für schwere Corona-Verläufe. Zur Gruppe drei mit „erhöhter“ Priorität gehören über 60-Jährige und Menschen mit schweren Erkrankungen. Zu dieser Gruppe zählen unter anderem auch Streitkräfte, Polizei, Feuerwehr, Erzieherinnen und Lehrkräfte. Neuer Rekordwert bei Neuinfektionen: Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, machte sich eine Priorisierung von Praxisärzten stark. „Sie behandeln nicht nur in großer Zahl Hochrisikopatienten, sie stehen auch bei der Versorgung von Corona-Infizierten in der ersten Reihe.“ Der Bundesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, forderte eine andere Eingruppierung der Lehrkräfte, wenn die Schulen weiter offen gehalten werden sollen. Mit deutschlandweit 30.000 binnen eines Tages gemeldeten Corona-Infektionen (Niedersachsen: 1610) gab es abermals einen neuen Rekord. Mit 813 Todesfällen (Niedersachsen: 26) meldete das Robert Koch-Institut zudem den zweithöchsten Wert nach 952 vom Mittwoch. „Jeder zweite Todesfall in dieser Pandemie ist ein über 80-Jähriger, eine über 80-Jährige“, sagte Spahn. Deswegen beginne die Impfkampagne in den Pflegeeinrichtungen. Lesen Sie auch Regierung: Momentan die bisher schwierigste Phase der Pandemie Impf-Bereitschaft in Deutschland: Bald kommt die Zulassung - doch immer weniger Menschen wollen sich impfen lassen 300 Millionen Dosen Biontech-Impfstoff: Hätten Deutschland und die EU mehr mehr bestellen können? Von Marco Seng