Flüchtlinge und Corona: Flüchtlingsrat in Niedersachsen kritisiert Unterbringung

Niedersachsens Flüchtlingsrat fordert stärkere Anstrengungen der Landesregierung, um Geflüchtete vor Ansteckungen mit dem Corona-Virus zu schützen. Für die Menschenrechtsorganisation ist es schwer erträglich, dass Flüchtlinge in Mehrbettzimmern untergebracht werden. „Es gibt sonst keine gesellschaftliche Gruppe, wo akzeptiert wird, dass sechs Männer aus völlig unterschiedlichen Herkünften in einem Zimmer leben müssen“, sagte Flüchtlingsratsgeschäftsführer Kai Weber der HAZ. Die Corona-Lage in Flüchtlingseinrichtungen hat auch die Kommission für Migration und Teilhabe des Landtages beschäftigt, die einen Bericht der Landesregierung eingefordert hat. Derzeit befinden sich nach Auskunft der Landesaufnahmebehörde in Braunschweig 318 Geflüchtete in Quarantäne. Die Corona-Lage hat sich etwas entspannt, nachdem Anfang dieser Woche die vor vierzehn Tagen verhängte Quarantäne in einer ehemaligen Kaserne in Celle aufgehoben worden ist. Dort war ein Geflüchteter mit Corona infiziert. Daraufhin waren 150 Menschen in Quarantäne genommen worden und durften die Flüchtlingsunterkunft, eine ehemalige Kaserne, nicht mehr verlassen. Warum nicht in leeren Jugendherbergen? Wie sicher sind Erstaufnahmeeinrichtungen, fragt sich Flüchtlingsratsgeschäftsführer Weber. Er hält es für einen Skandal, dass die Menschen in Celle, unter ihnen viele Kinder und Jugendliche, vollständig in Quarantäne genommen wurden, ohne nach menschenwürdigen Alternativen zu suchen. Mitte November seien 16,5 Prozent der 2824 Asylsuchenden in Niedersachsen in Quarantäne gewesen, hat Weber errechnet. „So etwas wie in Celle darf sich nicht wiederholen“, sagt Weber und wirft dem Land vor, zu leichtfertig zu solchen Maßnahmen zu greifen anstatt nach anderen Möglichkeiten zu suchen. „Die Geflüchteten müssten viel schneller verteilt werden, etwa in Einrichtungen, die derzeit leer stehen wie Jugendherbergen.“ Derzeit vierzehn Infizierte: Derzeit gebe es in niedersächsischen Flüchtlingseinrichtungen 14 Corona-Infizierte, berichtet Hannah Hintze, Sprecherin der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen. Man achte schon sehr stark darauf, dass die Krankheit nicht in die Einrichtungen gelange. „Es werden alle Neuankömmlinge separiert und doppelt auf Corona getestet.“ Die erste Testung geschehe zu Beginn, eine zweite acht Tage später. Man habe auch spezielle Gebäude, in denen das Betreuungspersonal „in Vollschutz“ arbeite, um vor Ansteckungen sicher zu sein. Man habe Separierungsbereiche geschaffen, in denen Verdachtsfälle untergebracht werden können. 215 Menschen lebten derzeit im früheren Grenzdurchgangslager Friedland, in dem es im Sommer zu einem Corona-Ausbruch gekommen war. Um zu verhindern, dass das Corona-Virus sich wieder verbreitet, werden die Neuankömmlinge jetzt zuerst in Einrichtungen des Bundes gebracht, bevor sie in Friedland aufgenommen werden können, berichtet die Sprecherin der Landesaufnahmebehörde. Von Michael B. Berger