Familienclans immer bedrohlicher: Pistorius will hart durchgreifen

Ob Schlägereien auf offener Straße wie in Hannover und Stadthagen, gefährliche Hochzeitskonvois auf Autobahnen oder Bedrohungen von Polizisten wie in Peine: Kriminelle Clans werden in Niedersachsen zu einem immer größeren Problem. Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat jetzt ein härteres Vorgehen gegen solche Familienclans angekündigt. „Die Situation macht es notwendig, noch einen Gang höher zu schalten – und das werden wir auch tun“, sagte Pistorius bei der Vorstellung des Lagebildes zur Clankriminalität 2019. Zahl der Straftaten steigt: Im Jahr 2019 registrierte die Polizei demnach 1585 Straftaten im Zusammenhang mit Clankriminalität, eine Steigerung von 33 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Häufig ging es um Körperverletzung, Bedrohung und Beleidigung. Die Tatorte verteilten sich nahezu über das ganze Land, städtische Hotspots gebe es kaum. Hinzu kämen regelmäßig auch Ordnungswidrigkeiten, mit denen kriminelle Clanmitglieder ihre Ablehnung des Rechtsstaats zeigten, sagte Pistorius. 1.646 Personen wurden als Tatverdächtige oder Beschuldigte erfasst. Mehr als die Hälfte der Verdächtigen war jünger als 30 Jahre. Etwa jeder Fünfte trat den Angaben zufolge mehrfach als Täter in Erscheinung. Mit Abstand häufigstes Herkunftsland war Deutschland (890 Verdächtige), gefolgt vom Libanon (167) und der Türkei (162). Respektlos und gewalttätig: „Kriminelle Clanmitglieder sind gewalttätig, sie bedrohen ihre Konkurrenz genauso wie Angehörige der Polizei“, sagte Pistorius. Die Clanmitglieder träten mit großer Respektlosigkeit auf, beachteten geltende Regeln und Gesetze nicht. „Sie bedrohen damit unseren Rechtsstaat und unsere freiheitliche und demokratische Gesellschaft“, sagte Pistorius. Das werde in Niedersachsen nicht geduldet. „Überall da, wo Kriminelle meinen, die Straße gehöre ihnen, sie stünden über dem Recht, werden wir ihnen erforderlichenfalls noch intensiver mit Präsenzkräften auf den Füßen stehen“, sagte Landespolizeipräsident Axel Brockmann. Es gehe auch darum, illegal erlangte Vermögen sicherzustellen. Im Jahr 2019 hat die Polizei demnach knapp 5,7 Millionen Euro einkassiert, davon etwa 3,8 Millionen Euro in Form von Bargeld. Bedrohung von Polizisten: Pistorius kündigte nach der massiven Bedrohung von zwei Polizeibeamten durch Clanmitglieder in Peine eine größere Polizeipräsenz in der Stadt an. Aus Hannover wird Bereitschaftspolizei zur Verstärkung angefordert. Der Innenminister hält zudem eine mobile Wache in dem betroffenen Viertel für notwendig. In Peine hatten in den vergangenen Wochen mutmaßliche Clanmitglieder eine in der Innenstadt wohnende Polizeibeamtin bedroht, zuvor war ihr Auto mehrfach beschädigt worden. Die Polizistin ist inzwischen versetzt worden und hat den Wohnort gewechselt. Zudem verfolgten Clanmitglieder einen Beamten, der mit den Ermittlungen in der Sache befasst ist. „Das ist eine klare Bedrohung. So etwas macht den Betroffenen Angst“, sagte Pistorius. Genau um diese Einschüchterung gehe es den Clans dabei. Krawalle in Badenstedt: Brockmann sagte, dass die meisten Straftaten zwar weiterhin auf das Konto von Familienclans der sogenannten Mhallamiye-Kurden gingen, dass aber auch andere Gruppen im Fokus der Polizei seien. Er verwies auf „rumänische Staatsangehörige“, die jüngst ihre Familienstreitigkeiten in Hannover auf offener Straßen ausgetragen hätten. Bei dem Vorfall im Stadtteil Badenstedt hatten sich mehr als 30 Personen auf einer belebten Kreuzung geprügelt. Es gab mehrere Verletzte. Lesen Sie auch: Krimineller Clan bedroht Polizistin in Peine – bis sie wegzieht Clan-Kriminalität in Peine: „Polizisten werden zu persönlichen Feinden erklärt“ Rivalisierende Clan-Familien liefern sich Massenschlägereien auf offener Straße Corona-Soforthilfen: Arabische Clans sollen in Berlin im großen Stil kassiert haben Versammlung vor Klinik und Angriffe auf Polizisten: Clan-Chaos in Berlin Von Marco Seng

Kriminalität - Familienclans immer bedrohlicher: Pistorius will hart durchgreifen