Dürre in Niedersachsen: Grundwasser sinkt immer niedriger

Ernteausfälle, vertrocknete Felder, extrem tiefe Wasserstände, versiegende Brunnen, das Absterben ganzer Baumarten wie Fichte und Birke: Die beiden Trockenjahre 2018 und 2019 haben Niedersachsen schwer zugesetzt. Vor allem der weiter sinkende Grundwasserspiegel bereitet den Experten große Sorgen. Die Tiefstände von 2018 wurden im vergangenen Jahr in 71 Prozent der Grundwassermessstellen noch einmal unterboten. An 41 Prozent der untersuchten Messstellen wurde der tiefste Grundwasserstand seit Beginn der Auswertungen 1988 erreicht. Vor zwei Jahren war das an 23 Prozent der Messstellen der Fall. Anzeichen einer Wasserkrise: Das geht aus einem Sonderbericht des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) zur Trockenheit in Niedersachsen hervor. Die Behörde hat dafür die Daten von 1430 Grundwassermessstellen ausgewertet. Umweltminister Olaf Lies (SPD) sprach bei der Vorstellung am Dienstag von ersten Anzeichen einer Wasserkrise und von einer „dramatischen Entwicklung“. Die beiden Jahre hätten jedem vor Augen geführt, welche Folgen Hitzewellen und Trockenzeiten hätten. „Die Lage mit extrem niedrigen Grundwasserständen wurde im letzten Jahr nochmals verschärft“, sagte Lies. Man können inzwischen sogar von einer Dürre in Niedersachsen sprechen. Der Umweltminister sieht den Klimawandel als Ursache für die rasanten Veränderungen und erwartet auch für dieses Jahr extreme Bedingungen. „Dieses Grundwasserdefizit wird sich 2020 fortsetzen.“ Daran würden auch die Regenfälle der vergangenen Tagen nichts ändern.„Wir gehen mit einer sehr angespannten Ausgangslage in den Sommer.“ Osten besonders trocken: Laut NLWKN hat selbst der niederschlagsreiche Winter das Grundwasserdefizit nicht beheben können. „Während sich die Grundwasserstände in den Niederungs- und Küstenregionen West- und Nordniedersachsens über den Winter gut erholt haben, fiel der Wiederanstieg in den übrigen Landesteilen nur mäßig aus“, sagte Gunter Wriedt von der Betriebsstelle Cloppenburg. Insbesondere in Ostniedersachsen sehe die Lage schlechter aus als 2019. Laut Wriedt lagen die Jahrestiefstände im Mittel 36 Zentimeter unterhalb des durchschnittlichen Grundwasserspiegels der vergangenen 30 Jahre (2018: 23 Zentimeter). Umweltminister fordert Wassermengenmanagement: Umweltminister Lies forderte ein umfassendes „Wassermengenmanagement“ in ganz Niedersachsen. Notwendig sei ein Bündel von Maßnahmen wie Bau von Speicherbecken und Zisternen oder Trinkwasserfernleitungen, Nutzung von Brauchwasser für Bewässerungszwecke, Möglichkeiten der Verrieselung, wassersparende Beregnungstechnik in der Landwirtschaft, intelligente Steuerung von Entwässerung und Renaturierung von Fließgewässern. Bewässerung von Feldern ist ein Problem: Die Grünen sehen die Schuld für die Wasserknappheit vor allem bei der Landwirtschaft. „Mehr als die Hälfte der bundesweit bewässerten landwirtschaftlichen Flächen liegt in Niedersachsen“, erklärte die Landtagsabgeordnete Imke Byl. Fehlender Regen mache immer mehr Bewässerung nötig. Das lasse auf Dauer aber das Grundwasser weiter sinken. Byl forderte eine „grundlegende Neuausrichtung in der Wasserpolitik“. In den Mittelpunkt gehörten der Schutz und die Renaturierung der Ökosysteme. Zudem müsse die Versiegelung von Flächen für Straßen und andere Bauten beendet werden. Der Naturschutzbund BUND empfiehlt, die Priorität auf die Entwicklung gesunder, naturnaher Gewässer zu legen. Das Wasser müsse in der Fläche gehalten, Bächen und Flüssen mehr Raum für ihre natürliche Dynamik geben werden, erklärte BUND-Landesgeschäftsführerin Susanne Gerstner. Moore und Auen seien als wichtige Wasserspeicher zu schützen und zu renaturieren. Lesen Sie auch: Droht Deutschland eine Wasserkrise? - Naturschützer warnen So wächst im Harz der Wald der Zukunft Natur blüht zu früh: Warmer Frühling verstärkt Klimawandel-Effekt Riesenzecke Hyalomma könnte sich durch Rekordtemperaturen weiter verbreiten Von Marco Seng

Grundwasserbericht - Nach zwei Dürrejahren: Niedersachsen steckt in einer Wasserkrise