Angesichts der stark ansteigenden Staatsverschuldung setzt besonders die FDP auf einen „Zwei-Stufen-Plan“: Zunächst soll das Steuersystem vereinfacht werden, Steuersenkungen in großem Umfang soll es erst zu einem späteren Zeitpunkt geben, wenn sich die Konjunktur erholt hat, heißt es in Verhandlungskreisen.
Erste Korrekturen, um die Wirtschaft zu beleben, wollen Union und FDP aber schon zum 1. Januar 2010 vornehmen. Nach Informationen dieser Zeitung werden Teile der Unternehmenssteuergesetze reformiert, nach der etwa Kosten der Firmen der Steuerpflicht unterliegen. Außerdem werden Kinderfreibetrag und Kindergeld heraufgesetzt. All das soll bis Weihnachten vom Bundestag beschlossen werden. Optimistisch stimmen die Koalitionsverhandlungsgruppen Prognosen aus Regierungskreisen, wonach die Rezession in diesem Jahr nicht so heftig ausfallen wird wie noch im Sommer befürchtet. Die Wirtschaftsleistung Deutschlands wird danach um etwa 4,5 Prozent sinken; vor einigen Monaten wurde ein Minus von sechs Prozent befürchtet.
Besonders in der FDP herrscht Unmut über den „finanziellen Scherbenhaufen, den uns die Große Koalition hinterlassen hat“, wie es der FDP-Haushaltsexperte Hermann-Otto Solms formulierte. Auch der FDP-Steuerfachmann Carl-Ludwig Thiele attackiert im Gespräch mit dieser Zeitung die Union heftig: „Wir hatten in den vergangenen vier Jahren jährlich 1,4 Prozent Wachstum, aber die Ausgaben des Bundes kletterten jährlich um vier Prozent. Die Union hat sich zu einer sozialdemokratischen Haushaltspolitik hinreißen lassen.“ Am Dienstag will FDP-Fraktionschef Guido Westerwelle die Liberalen über den Stand der Verhandlungen informieren. „Die Probleme in den Verhandlungen sind erheblich größer, als wir erwartet haben“, sagte ein Verhandlungsteilnehmer.
Als bedrohlich wird die Lage in den Ministerien für Gesundheit und Arbeit eingeschätzt. Allein die Bundesagentur für Arbeit benötige 2010 ein Bundesdarlehen aus Steuermitteln von 20 Milliarden Euro und 2011 eines in Höhe von 14 Milliarden, heißt es. In der FDP gibt es Überlegungen für die Einführung einer Pkw-Maut, um die Finanzierung von Straßen und Autobahnen auf eine sicherere Basis zu stellen. „Die Maut ist eine Option“, sagte der verkehrspolitische Sprecher der FDP im Bundestag, Patrick Döring, im „Tagesspiegel am Sonntag“.