Sechs Ministerien für die SPD
Die SPD soll in der großen Koalition sechs Ministerien bekommen, die Sigmar Gabriel bei der Pressekonferenz allerdings noch nicht bestätigen wollte.
Parteichef Sigmar Gabriel soll Wirtschaft und Energie übernehmen,
Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier das Außenministerium,
Schatzmeisterin Barbara Hendricks Umwelt,
Generalsekretärin Andrea Nahles Arbeit/Soziales,
SPD-Vize Manuela Schwesig Familie
und der saarländische Wirtschaftsminister Heiko Mass das Justizministerium.
Bereits am Freitag Abend sickerten die Namen durch – und das genau in dem Moment, als Nahles und Hendricks die Presse zum großen Finale der roten Urwahl in den alten Postbahnhof geladen hatten. Das Auszählen sollte beginnen. Sofort wurde das Duo zu den Personalien gelöchert. „Kein Kommentar. Und Glückwünsche nehmen wir auch keine entgegen“, konterten die beiden hartnäckig. Viel lieber widmeten sich die SPD-Frauen den beiden Hochleistungsschlitzmaschinen. Das Wort ist inzwischen zur Lieblingsvokabel von Nahles geworden.Die beiden grauen Maschinen vom Format eines größeren Kopiergerätes hatte die SPD geleast, um die Briefe mit den Stimmkarten im Blitztempo aufzufräsen – 20 000 Stück pro Stunde. „Ich bin begeistert, dass wir das nicht mit dem Brieföffner machen müssen. Das ist doch ein Wunder der Technik“, strahlte Nahles bei einem Probelauf. Die Schlitzautomaten vom Typ OL 1000 plus scheinen ihr wirklich ans Herz gewachsen zu sein. Kurz nach Mitternacht am Sonnabend früh wurde es dann ernst. Ein Post-Lastwagen lieferte die Briefe aus Leipzig an, wo sie zentral gesammelt worden waren.Sortiert und gezählt wurde der Wille der Partei von den 400 Partei-Freiwilligen in einer riesigen Halle. In gelben Kisten landeten die Ja-Stimmen zum Koalitionsvertrag, in schwarzen die Nein-Stimmen, in grauen die Enthaltungen oder ungültigen Stimmen. Das alles fand unter strikter notarieller Aufsicht statt. Die Stapel in den gelben Boxen wurden im Laufe des Sonnabends immer größer. So glatt und reibungslos lief das Auszählen, dass das Ergebnis bereits zwei bis drei Stunden früher als geplant verkündet werden konnte. Hintergrund: Das Arbeitstempo der SPD-Zähler war fixer als die Post aufgrund ihrer Erfahrungswerte geschätzt hatte.Was er denn zu den turbulenten Personalentwicklungen bei seinem künftigen Regierungspartner sage, wird Gabriel am Ende der Ergebnis-Verkündung gefragt. Ob er stolz sei, dass es bei der SPD besser laufe als bei der Union. „Nein“, antwortet Gabriel, „bei uns läuft es nicht besser oder schlechter, sondern anders.“ Und noch einmal braust ein Jubelsturm durch die Halle.
Stephan Weil: „Mit solch einer Resonanz hat niemand gerechnet“
Auch der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) äußerte sich unmittelbar vor der Bundesligabegegnung zwischen Hannover 96 und dem 1. FC Nürnberg zum „Ja“ seiner Partei zur großen Koalition. „Mit solch einer Resonanz hat niemand gerechnet“, sagte Weil. „Es ist ein tolles Zeichen für die SPD und den inneren Zustand der Partei." Zusätzlich sei es ein toller persönlicher Erfolg für Sigmar Gabriel, der „ein hohes Risiko mit der Mitgliederbefragung eingegangen ist.“ Dass es drei Monate brauchte, bis die Koalition zustande kam, sieht Weil gelassen. „Drei Monate für eine Regierung von vier Jahren - dafür ist der Preis nicht zu hoch.“
Das SPD-Mitgliedervotum in Zahlen
Das SPD-Mitgliedervotum ist ein logistischer Kraftakt. Zahlen und Fakten zu dem bisher einmaligen Projekt:
1,6 Millionen Euro Mindestkosten für Druck und Versand des Koalitionsvertrages, Versand und Rücksendung der Wahlunterlagen, Post-Logistik, Anmietung einer Auszählungshalle in Berlin, Werbung.
40 000 Briefe pro Stunde per „Schlitzmaschine“ geöffnet.
400 Helfer mit dem Zählen der Stimmen beauftragt.
8,50 Euro politisch korrekt hat sich die SPD vom beauftragten Dienstleister, der Post, zusichern lassen, dass alle involvierten Mitarbeiter mindestens diese Summe pro Stunde bekommen.
474 820 SPD-Mitglieder waren stimmberechtigt.
333 500 SPD-Mitglieder haben am Ende abgestimmt.
59 Jahre ist das durchschnittliche SPD-Mitglied alt.