Aufgrund der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko wird der Energiekonzern BP am Dienstag möglicherweise den größten Verlust der britischen Unternehmensgeschichte bekanntgeben. Falls die zugesagten 20 Milliarden Dollar (16 Millarden Euro) für Schadensersatz in die Halbjahresbilanz einfließen, rechnen Analysten mit einem entsprechenden Rekordverlust.
Das Ergebnis aus der normalen Geschäftstätigkeit soll sich nach Zeitungsberichten auf etwa fünf Milliarden Dollar für das zweite Quartal belaufen. Analysten bezeichnen dies als sehr anständig, doch das Interesse richtet sich angesichts der immensen Kosten vor allem auf die neue Führung und deren Strategie für ein Überleben von BP als unabhängigem Weltkonzern.
Am Montag wurde nach übereinstimmenden Berichten britischer Medien über den Rücktritt des in Amerika verhassten BP-Chefs Tony Hayward verhandelt. Hayward war nach BBC-Informationen ebenso in der Londoner BP-Zentrale anwesend wie sein voraussichtlicher Nachfolger Bob Dudley. Dudley ist ein Amerikaner aus dem von der Ölpest betroffenen Staat Mississippi und spricht mit Südstaatenakzent. Dies könnte ihm in in den USA zugutekommen.
Der Wechsel an der Spitze sollte anscheinend am Montagabend vom Aufsichtsrat beschlossen und anschließend mitgeteilt werden. In den vergangenen Wochen wurde in Großbritannien auch über die Position des Aufsichtsratsvorsitzenden Carl-Henric Svanberg diskutiert. Ebenso wie Hayward waren dem Schweden ungeschickte Äußerungen über die Ölkatastrophe vorgeworfen worden. Nach Informationen der "Financial Times" bleibt er jedoch vorerst im Amt, weil der Aufsichtsrat es für zu riskant hält, beide Spitzenmanager auf einmal auszutauschen.
Der erwartete Rücktritt Haywards bescherte BP am Montag keine positiven Schlagzeilen in der britischen Presse. Die Zeitungen prangerten vielmehr die Abfindung von wohl weit über zehn Millionen Euro an, die der scheidende Chef ausgehandelt haben soll. Analysten aus der Wirtschaft sagten dagegen, der Aufsichtsrat habe gar keine andere Wahl gehabt, als ihm eine solche Summe zu gewähren. Ein anderes Vorgehen wäre nur denkbar gewesen, wenn Hayward dem Konzern fahrlässig oder aus bösem Willen geschadet hätte. Niemand bestreite aber, dass er sein Bestes gegeben habe.
dpa