Wer sich die Sendung „Neo Magazin Royale“ am Freitag noch einmal ansehen wollte, suchte vergeblich in der Mediathek des Zweiten Deutschen Fernsehens: Der ZDF-Satiriker Jan Böhmermann hatte in seiner Sendung am Donnerstag ein Gedicht namens „Schmähkritik“ über den türkischen Präsidenten Erdogan verlesen, in dem der türkische Präsident Tayyip Recep Erdogan auf derbe Weise beschimpft und verunglimpft wurde. Böhmermann und Ralf Kabelka (bekannt als „heute-show“-Außenreporter) hatten Erdogan anhand der bösen Reime den Unterschied zwischen in Deutschland erlaubter Satire und verbotener Schmähkritik erklären wollen.
Sie bezogen sich auf den Eklat um die Einbestellung des deutschen Botschafters in der Türkei wegen eines satirischen Beitrags in der NDR-Sendung „extra 3“. Zur Melodie von Nenas Lied „Irgendwie, Irgendwo, Irgendwann“ war dort der Herrschaftsstil Erdogans auf die Schippe genommen worden. Im Anschluss an den Vortrag gaben Böhmermann und Kabelka Erdogan noch Ratschläge, wie er juristisch gegen eine solche Schmähkritik vorgehen könne („Wir empfehlen unseren Scherzanwalt Doktor Witz“). Dann würde eine solche Schmähkritik aus der Mediathek entfernt. Am Freitag war die Sendung dann tatsächlich aus der ZDF-Mediathek verschwunden.
Auf Anfrage des Redaktionsnetzwerks Deutschland antwortete ZDF-Pressesprecherin Regina Henrich-Dieler, der Böhmermann-Beitrag „entspricht nicht den Ansprüchen, die das ZDF an die Qualität von Satiresendungen stellt.“ Aus diesem Grund sei die Passage aus der Sendung „entfernt“ worden. Eine Wiederholung am Freitagabend im Hauptprogramm des ZDF sollte es zwar geben – aber ohne das Gedicht. Die Frage, ob ein solches Vorgehen Zensur sei, ließ das ZDF unbeantwortet. Von offiziellen türkischen Reaktionen war dem Sender nichts bekannt.
Am Freitagabend reagierte auch ZDF-Programmdirektor Norbert Himmler bei Facebook: "Wir sind bekannt dafür, dass wir bei unseren Satire-Formaten breite Schultern haben und den Protagonisten große Freiräume geben. Aber es gibt auch Grenzen der Ironie und der Satire. In diesem Fall wurden sie klar überschritten."
Von Matthias Halbig