Schwicheldt: Binnenschiffer rettet blinden Hund aus dem Mittellandkanal

Eine dramatische Rettungsaktion hat es am Mittellandkanal bei Schwicheldt gegeben: Ein Hund fiel an einer Stelle mit hoher Spundwand ins Wasser, eine Rettung schien unmöglich. Hilfe kam von einem beherzten Binnenschiffer, der die Situation erkannte und kurzentschlossen eingriff. Idyllisch ist es bei Schwicheldt am Mittellandkanal, Fußwege an beiden Seiten laden zum Spazierengehen ein. Viele Hundebesitzer nutzen die Gelegenheit, ihre Vierbeiner dort auszuführen. So auch die Schwicheldterin Karla Wolf, die mit ihrem Border Collie namens Eto fast täglich dort unterwegs ist. Hund kann den Rand zum Kanal nicht sehen: Einen Ausflug wird Karla Wolf jedoch nicht so schnell vergessen: Wie schon unzählige Male zuvor ließ sie Eto an der zehn Meter langen Leine laufen, wollte jedoch vor dem Aufstieg zur Kanalstraße die nasse Leine noch ein wenig trocknen. Eto hielt sich in er Nähe zum Rand zum Kanal auf. „In dem Moment, als ich das Tuch zum Trocknen aus meiner Jackentasche gezogen habe, verspürte ich einen Ruck an der Leine, blickte hoch und konnte Eto nicht mehr sehen. Die Leine hing in Richtung Wasser.“ Ihr sei sofort klar gewesen, dass der Hund in Gefahr sei, schildert Wolf weiter. „Er hat bereits zwei Hüftoperationen hinter sich, leidet unter epileptischen Anfällen und ist zudem noch blind.“ Spundwand machte Rettung vom Ufer aus unmöglich: Zunächst habe sie versucht, den schwimmenden Eto mit ihrer Stimme in Richtung des nächsten Ausstiegs etwa 150 Meter in westlicher Richtung zu locken, da an der Absturzstelle die Wasseroberfläche rund 1,50 Meter unterhalb des Weges liege. Durch die steile Spundwand habe der Hund keine Chance gehabt, an dieser Stelle aus eigener Kraft aus dem Kanal zu entkommen. „Und es gab auch keine Möglichkeit, ihn dort aus dem Wasser zu ziehen“, berichtet die Hundehalterin. Allerdings habe sich das Tier mehrfach wieder in Richtung Peine gedreht, doch dort sei eine Möglichkeit zum Ausstieg noch weiter entfernt gewesen. „Außerdem habe ich die ganze Zeit Angst gehabt, dass Eto vielleicht durch den Schreck und das kalte Wasser einen epileptischen Anfall bekommt. Ich war kurz davor, selbst Jacke und Schuhe auszuziehen und ins Wasser zu springen“, so Wolf. Außerdem sei ihr Hund wasserscheu und gehe nur so weit ins Wasser, dass der Bauch nicht nass wird. Schiffsführer bemerkt Auffälligkeit: Doch Rettung nahte vom Wasser aus: „Wir hatten in Peine Stahlträger geladen und waren damit auf dem Weg nach Oostvold in den Niederlanden, als ich eine Person an der Seite des Kanals bemerkt habe. Zunächst dachte ich, es sei einer der vielen Angler, die immer wieder entlang des Mittellandkanals ihr Glück versuchen. Aber schnell stand für mich fest, dass es ein Problem zu geben schien. Dann habe ich auch schon den Hund im Wasser und die steile Wand gesehen. Sofort war mir klar, dass der Hund es dort nicht allein schaffen kann, das Wasser zu verlassen“, erzählt Binnenschiffer Eberhard Butenhof, der sich zufällig mit seinem Gütermotorschiff (GMS) „Bayerischer Wald“ der Unglücksstelle näherte. Er habe dann das Schiff gestoppt, und seine Auszubildende Tatjana Rempel sowie die langjährige Angestellte Jitka Jarosova hätten versucht, den Hund aus dem Wasser zu bekommen – zunächst mit einem selbst gebauten Fangkorb, dann mithilfe des Hundegeschirrs, was schließlich auch gelang. Er selbst habe versucht, das Schiff so zu steuern, dass der Hund nicht zwischen Bord- und Spundwand eingeklemmt wird. Nicht die erste Rettungsaktion: „Ich war so erleichtert, dass die Schiffer mir geholfen haben. Es war schon ein mulmiges Gefühl, als ich die Leine loslassen musste, damit Eto geholfen werden kann. Aber es war die einzige Chance. Die Erleichterung war unglaublich groß, als ich ihn dann sicher an Bord gesehen habe und auch selbst aufs Schiff durfte“, blickt Karla Wolf auf den ereignisreichen Vormittag zurück. Zum Glück sei alles gut ausgegangen, der Hund habe nur eine leichte Unterkühlung sowie einige leichte Prellungen davon getragen. Eberhard Butenhof kennt die Einsatzstelle, an der er und seine Besatzung zu Lebensrettern wurden. „Vor knapp einem Jahr sind wir ganz in der Nähe, nämlich bei Mehrum, auf ein im Kanal schwimmendes Reh aufmerksam geworden. Damals haben wir mit einem Notruf die Feuerwehr alarmiert und uns auch noch mit dem Beiboot an der Suche beteiligt“, erinnert er sich. Retter lehnen Belohnung ab: Ein Dankeschön wollte er für seine Hilfe nicht entgegennehmen. „Das ist doch selbstverständlich, schließlich leben hier an Bord auch Hunde, und wir haben schon häufiger Tiere gerettet“, sagt der Schiffer abschließend. Karla Wolf habe stattdessen dem Peiner Tierschutzverein eine Spende zukommen lassen, verrät sie, während sie glücklich lächelnd ihren Eto streichelt. Vor knapp einem Jahr gab es ebenfalls einen dramatischen Vorfall am Kanal: Damals war bei Bortfeld eine Kinderkarre samt sechs Monate altem Baby ins Wasser gerutscht. Die Mutter sprang hinterher, es gelang ihr, ihren Sohn aus dem Kinderwagen zu befreien und mit ihm zu einer Leiter zu schwimmen, über die sie trotz Spundwand den Kanal verlassen konnte. Beide überstanden den Unfall mit Unterkühlungen, aber sonst zum Glück unversehrt. Ein Arzt erklärte damals in der PAZ, wie der Körper in einem solchen Fall reagiert. Von Antje Ehlers

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