Niedersachsens Kultusminister macht sanft Druck: Klassenfahrten für 2020 absagen

Klassenfahrten und Austauschprogramme für Schüler sind in Niedersachsen nach jetzigem Stand wegen der Corona-Pandemie ausgesetzt. Dabei soll es nach dem Willen von Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) auch bleiben. „Wir empfehlen angesichts der unklaren Infektionslage und unter Berücksichtigung des aktuellen Infektionsgeschehens sowie veränderter Reiseroutinen mit Abstandswahrung und Hygienevorschriften, keine Klassenfahrten im Kalenderjahr 2020 durchzuführen“, schreibt Tonne nach HAZ-Informationen in einer E-Mail an die Schulleitungen. Hintergrund für den Appell von Tonne sind offensichtlich von der Bundesregierung in Aussicht gestellte Lockerungen im Reiseverkehr, die wahrscheinlich auch Klassenfahrten wieder rechtlich ermöglichen würden. Der Minister kündigte an, dass die Kosten bei Stornierungen von bereits gebuchten Klassenfahrten bis zum 30. Juni von der Landesschulbehörde erstattet würden. Das Geld dafür soll demnach aus dem zweiten Nachtragshaushalt kommen, den der Landtag im Juli beschließen will. „Spätere mögliche Stornierungskosten sind dann aus dem Budget der Schule zu entrichten“, schreibt Tonne. Verbände fordern klare Ansagen: Bildungsverbände hatten zuvor eine klare Ansage vom Kultusminister gefordert. Philologenchef Horst Audritz kritisierte, dass Tonne bislang nicht erklärt hat, wie es weitergehen soll. „Dabei braucht man für solche Fahrten zwischen einem Dreivierteljahr und einem Jahr Vorlauf.“ Ungeklärt sei die Frage, ob Schüler überhaupt bei Gastfamilien im Ausland untergebracht werden dürften. Sei es erlaubt, dass Kinder im Reisebus nebeneinandersitzen? Oder müssen viel größere Busse gechartert werden? Offen ist auch, was mit den Studienfahrten für die Oberstufe ist, die meist im Herbst stattfinden. Sollen gebuchte Reisen storniert werden oder nicht? „Schulen brauchen dringend eine Entscheidung“, forderte Audritz. Keine Mehrbettzimmer, keine Gemeinschaftsduschen? Ähnlich äußerte sich Wolfgang Schimpf von der Direktorenvereinigung, der seit Monaten von Minister Tonne eine konkrete Antwort auf die Frage einfordert, ob Schulen alle Fahrten für das Jahr 2020 absagen sollen, wenn nicht gewährleistet ist, dass in Bussen oder Unterkünften das Abstandsgebot und die Hygieneregeln eingehalten werden können. Die Unterbringung in Mehrbettzimmern oder die Nutzung von Gemeinschaftsduschen müsste dann ja unzulässig sein. Schimpf mahnte in einem Brief an Tonne zudem an, dass immer noch nicht klar sei, wie die bereits angefallenen Stornierungskosten denn vom Land zurückgezahlt werden sollen. Der Minister hatte im Mai angekündigt, dass das Land 20 Millionen Euro Stornogebühren übernehmen werde. Aber wie das geschehen soll, bleibe bislang im Dunkeln. Lesen Sie auch: Schule in Corona-Krise: Land trägt Stornokosten für abgesagte Klassenfahrten Von Saskia Döhner und Marco Seng

Schulen und Corona - Minister Tonne macht sanft Druck: Alle Klassenfahrten für 2020 absagen