Großeinsatz für die Polizei: Mutmaßlicher Mafia-Boss wird an MHH behandelt

Besuchern der Medizinischen Hochschule bot sich an diesem Donnerstag ein seltsames Bild: Mit Maschinenpistolen bewaffnete Polizisten bewachten jeden Zugang zum Klinikgelände, kontrollierten jeden, der zur Hochschule will. Offiziell gab sich die Behörde auch nach Stunden schmallippig. „An der Medizinischen Hochschule Hannover werden aktuell Schutzmaßnahmen durchgeführt. Zum Schutz von Persönlichkeitsrechten werden dazu seitens der Polizei keine weiteren Angaben gemacht“, war das Einzige, was die Polizeidirektion zu dem Einsatz erklärte. Fest steht: Einen solchen Vorgang hat es an der MHH selten gegeben. Der Einsatz hat mit einem Patienten der MHH zu tun. Auf dem Gelände soll derzeit ein mutmaßliches hochrangiges Mitglied der Mafia aus Montenegro behandelt werden. Nach HAZ-Informationen handelt es sich um den 35-jährigen Igor K. Er war Ende Januar unmittelbar vor seinem Haus in der Ortschaft Baliace niedergeschossen worden. Mehr als 20 Schuss sollen die Angreifer auf den 35-Jährigen abgegeben haben. K. wurde lebensgefährlich an den Unterschenkeln, im Bauch und in der Brust verletzt. Offenbar fürchten die Behörden in Hannover einen Anschlag auf das mutmaßliche Mafia-Mitglied und haben deshalb zu den drastischen Maßnahmen gegriffen. Er wird nach Informationen dieser Zeitung in der Intensivstation der Klinik von Spezialeinsatzkräften (SEK) der Polizei bewacht. Lesen Sie auch: Terroristen, Staatsmänner, Schauspieler – Wer schon alles in Hannovers Kliniken behandelt wurde Das massive Aufgebot an uniformierten Beamten wurde erst am Donnerstagmorgen hinzugezogen, weil der Einsatz zuvor immer mehr Aufmerksamkeit erregte. Inzwischen sind auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der MHH per Rundmail über den Vorgang informiert worden. Zum Schutz der Mitarbeiter und Patienten seien polizeiliche Maßnahmen auf dem Gelände durchgeführt worden. Aus Schutz der Persönlichkeitsrechte dürften keine weiteren Angaben gemacht werden. Polizei schweigt zu den Maßnahmen: Nur die Ärzte und die Pflegekräfte haben Zugang. Wie lange die Bewachung andauern wird, auch dazu schweigt die Polizeidirektion Hannover. Die MHH darf sich nicht zu dem Patienten und den Sicherheitsmaßnahmen äußern. Nach HAZ-Informationen haben auch mehrere Beamte am nahe gelegenen Wyndham-Hotel Stellung bezogen, der Grund ist unklar. Auf Anfrage dieser Zeitung verneinen die Hoteliers ein entsprechendes Aufgebot. Landesinnenministeriums Boris Pistorius (SPD) bezeichnete die Behandlung „als einen der Fälle, die man sich nicht aussucht und auf die man keinen Einfluss hat“. Der Patient habe sich demnach im Vorfeld bei der MHH angemeldet und sei dann von sich aus nach Hannover geflogen. Wieso sich der 35-Jährige die Landeshauptstadt aussuchte, sei unklar. Pistorius: „Wir haben ihn nicht hergeholt und ihm auch keinen roten Teppich ausgerollt.“ Was allerdings nicht zur angeblichen Unwissenheit der Behörden passt: Nach HAZ-Informationen geschah die Einreise bereits vor einigen Tagen und unter höchster Geheimhaltung. Steuerzahler zahlt Polizeieinsatz: Außerdem gibt Pistorius an, die Polizei sei in engem Kontakt mit dem Bundeskriminalamt (BKA). K. werde aber weder international gesucht noch sei er in Deutschland straffällig geworden. Der massive Polizeieinsatz gehe am Ende auf Kosten der Steuerzahler. „Es gibt ein ausgeprägtes Schutzbedürfnis für den Patienten und vor allem für das Klinikpersonal und Besucher“, sagt Pistorius. Da der Mann vom Balkan stamme, dürfe er sich zudem bis zu 180 Tage ohne Visum ganz regulär in der EU aufhalten. Es dürfte aber im Interesse der Klinik liegen, Igor K. so schnell wie möglich so weit zu stabilisieren, dass er transportfähig ist und die Hochschule wieder verlassen kann. Denn ein solcher Einsatz und ein derart hochgefahrener Sicherheitsapparat hat zwangsläufig Auswirkungen auf die alltäglichen Abläufe in der Klinik. Lesen Sie auch: Terroristen, Staatsmänner, Schauspieler: Wer schon alles in Hannovers Kliniken behandelt wurde Die aktuellsten Polizeinachrichten aus Hannover lesen Sie hier in unserem Ticker. Von Tobias Morchner und Peer Hellerling

Großeinsatz: Höchste Sicherheitsstufe an der MHH – Polizei kontrolliert alle Zufahrten