Angst vor Ansteckung in der Schule: Dürfen Eltern ihre Kinder zu Hause lassen?

Sollten Schüler in die Schule zurückkehren, wenn für manche von ihnen ohnehin nur noch zwei Unterrichtswochen vor den Sommerferien vorgesehen sind? Angesichts des vom Land Niedersachsen avisierten Zeitplans zur Schulrückkehr fordern jetzt immer mehr Elternvertreter, den Erziehungsberechtigten freizustellen, ob sie ihre Kinder wieder in die Schule schicken wollen oder nicht. „Der Ruf nach Freiwilligkeit wird lauter“, sagt Cindy-Patricia Heine, Vorsitzende des niedersächsischen Landeselternrates. Sachsen hat eben das am Sonnabend in Teilen umgesetzt und die Schulpflicht eingeschränkt: Eltern von Erst- bis Viertklässlern haben dort nun die Wahl und können ihre Kinder vorerst auch zu Hause unterrichten. Die Landesregierung in Dresden reagierte mit ihrem Beschluss auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtes Leipzig. Die Kammer hatte zugunsten der Eltern einer Siebenjährigen entschieden, die sich gegen die Öffnung der Grundschulen ohne zwingende Einhaltung des Mindestabstandes von 1,5 Metern gewandt hatten. Kultusministerium sieht keinen Handlungsbedarf: Erst Mitte Juni sollen die letzten Schüler in Niedersachsen an ihre Schulen zurückkehren. Da die Klassen geteilt werden und die Schüler abwechselnd in die Schule kommen sollen, wird für diese Jahrgänge vor den Ferien nur noch wenig Unterricht erteilt. Viele Familien wollten dafür das Risiko einer Infektion nicht eingehen, sagt Landeselternratsvorsitzende Heine. Sie fürchteten, dass sie ihre Kinder in den Schulen einem hohen Gesundheitsrisiko aussetzen und dass die Schüler, ihre Eltern oder Großeltern mit dem Coronavirus anstecken könnten. In Niedersachsen sieht Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD), anders als in Sachsen, keinen „akuten Handlungsbedarf“. Man nehme die Lage in anderen Bundesländern zur Kenntnis, sagte Ministeriumssprecher Sebastian Schumacher der HAZ. „Gleichwohl analysieren wir die Sachstandsentwicklung fortlaufend.“ Schumacher verwies auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg, das die Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts für Viertklässler in Niedersachsen gebilligt hatte. Lehrerverbände: Schulen sind Hochrisikogebiet: Auch Lehrerverbände hatten zu Beginn der Schulöffnungen nach der Corona-Pause davor gewarnt, allzu viele Jahrgänge wieder an die Schule zu holen. Torsten Neumann vom Verband der Niedersächsischer Lehrkräfte warnt, dass Schule ein Hochrisikogebiet für Infektionen sei. Es sei für die Schulen schwierig sicherzustellen, dass überall die Abstands- und Hygieneregeln eingehalten würden. Je mehr Menschen sich an einem Ort aufhielten, desto größer sei die Ansteckungsgefahr für alle, mahnt auch Franz-Josef Meyer vom Verband Bildung und Erziehung. In der Landespolitik sieht man das anders. Nach ersten Erfahrungen seien die Grundschüler sehr diszipliniert beim Einhalten der Abstandsregelungen, sagte CDU-Fraktionsvize Mareike Wulf der HAZ. „Ich sehe daher derzeit keinen Grund für ein Aussetzen der Schulpflicht.“ Auch die FDP ist gegen ein Aussetzen. „Wir werden jetzt schon erleben, dass Mitte Juni Erstklässler in die Schule zurückkommen, die auf das Voreinschulungsniveau zurückgefallen sind“, sagt Fraktionvize Björn Försterling. Eltern können Bescheinigungen ausstellen: „In Niedersachsen können Eltern bereits jetzt entscheiden, dass ihre Kinder nicht zur Schule gehen, wenn Risikopersonen in der Familie leben“, sagte Grünen-Fraktionschefin Julia Willie Hamburg. „Das ist auch richtig.“ Kinder, die nicht am Unterricht teilnehmen, müssen kein ärztliches Attest vorlegen. Es reicht, wenn die Eltern bescheinigen, dass sie zu Risikogruppe gehören oder in einem Haushalt mit einem Risikopatienten leben. In Niedersachsen kehren an diesem Montag die Drittklässler, Neunt- und Zehntklässler an die Schulen zurück, in der Woche darauf folgen die elften Klassen. Am 3. Juni beginnt der Unterricht wieder für die Schüler der Jahrgänge zwei, sieben und acht, als letztes folgen die Erstklässler, Fünftklässler und Sechstklässler am 15. Juni. Liveticker: Die Lage in Hannover und Niedersachsen im Überblick Aktuelle Zahlen zum Coronavirus in der Region Hannover: So viele Infizierte gibt es HAZ-Expertenforum: Das antworten Mediziner auf Leserfragen zum Virus Alle Artikel zum Coronavirus in der Region auf einen Blick So können Sie Geschäften, Gastronomie und Freiberuflern in der Region Hannover jetzt helfen Von Saskia Döhner und Marco Seng

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