Meinersen: Greta von Richthofen ist die neue Stipendiatin im Künstlerhaus

Der Gegensatz hätte wohl krasser kaum sein können. Nicht nur, dass die neue Stipendiatin im Künstlerhaus Meinersen aus der Stadt aufs Land kam, sie traf auch noch während des Corona-Lockdowns dort ein. Entsprechend war es noch einmal eine ganze Ecke ruhiger in dem Ort in der Südheide. Doch Greta von Richthofen (31) hat sich gleich wohl gefühlt und gut eingelebt, die erste Zeit genutzt, die Natur besonders wahrzunehmen. Und die große Ruhe im Lockdown hatte auch einen weiteren sehr positiven Effekt: „Sie hat zu einer großen Konzentration beigetragen, ich konnte mich sehr gut auf meine Arbeit fokussieren“, erzählt die Comic-Künstlerin, die das Stipendium von Gemeinde und Samtgemeinde Meinersen erhalten hat. Eine Jury hatte sie ausgewählt und dem Künstlerhaus-Vorstand vorgeschlagen als neue Stipendiatin. Zumeist gehen 40 bis 50 Bewerbungen aus deutschen Hochschulen ein beim Künstlerhaus, wenn die Vergabe eines Stipendiums ansteht. Möglichst viele Kunstrichtungen: Jochen Weise, künstlerischer Leiter, und Künstlerhausvereinsvorsitzender Andreas Schuster begrüßten Greta von Richthofen nun offiziell im Haus. Weise betont: „Unser Ziel ist es, dem Publikum und dem Gemeinwesen möglichst viele verschiedene Kunstrichtungen vorzustellen. Daher haben wir dieses Mal unter dem Motto Zeichnen zur Zeit/Comic ausgeschrieben.“ Der Comic habe sich in der jüngeren Zeit immer mehr zur künstlerischen Gattung verändert. Und mit Isabell Schulte habe man zuvor eine Künstlerin der einen Gattung gehabt, mit Greta von Richthofen nun im Anschluss gleich eine Künstlerin der anderen. Beides sei sehr interessant gewesen für das Künstlerhaus. Greta von Richthofen hat in Hamburg an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Illustration studiert, ebenso im Anschluss an der Kunsthochschule Kassel, dort dann mit dem Schwerpunkt Comic. Die öffentliche Wahrnehmung des Comics habe sich in Deutschland verändert. Zwar habe es schon immer nicht nur lustige Comics für die Zielgruppe Kinder gegeben. Doch hätten lange Zeit spezielle Lehrstühle an den Kunsthochschulen und eine Förderung gefehlt dafür. Oft sei der Comic weder Kunst noch Literatur zugeordnet worden, obwohl er beides sei, sagt die 31-Jährige. Intensive Recherche: Die Künstlerin hat bereits als Kind viel gelesen und gezeichnet, kannte typische Mainstream-Comics wie Gaston. Doch erst als Jugendliche habe sie die Werke deutscher Independent-Autoren kennen und schätzen gelernt. „Da dachte ich mir, das möchte ich auch machen“, berichtet sie. Ihre Arbeiten seien zumeist eine Art dokumentarische Erzählungen, die auf intensiver Recherche aufbauten. Sie entwickle das konzeptionelle Gerüst auf Zetteln, setze die Arbeit dann aber ausschließlich digital auf dem Grafiktablet fort. Reines Online-Publishing wie bei manchen Künstlerkollegen gebe es bei ihr aber nicht: „Ich liebe Print. Meine kompletten Geschichten gibt es dann auch in Buchform“, erzählt sie. Das soll auch bei ihrem aktuellen Projekt im Künstlerhaus so sein. Dabei dreht sich alles um Alltagsbeobachtungen, mit deren Aufzeichnung sie während des Corona-Lockdowns begonnen hat. Es sei eine Art Tagebuch über Veränderungen im Alltag. Während sie aber grundsätzlich auch gerne farbig arbeite, setze sie für ihr aktuelles Projekt aufgrund der Ernsthaftigkeit auf Graustufen. Lesen Sie auch: Warum die Vernissage im Künstlerhaus trotz des Coronavirus stattfindet So feiert das Künstlerhaus seinen 30. Geburtstag Sommerakademie endet mit Werkschau Von Chris Niebuhr

Künstlerhaus - Greta von Richthofen ist die neue Stipendiatin