Als über Allerbüttel Bomben fielen: Zeitzeugen berichten von ihren traumatischen Erlebnissen

„Es ist wichtig, sich zu erinnern und zu gedenken. Auch daran, dass wir schon 75 Jahre in Frieden leben dürfen“, sagte Christiane Reimann, die Vorsitzende vom Dorf- und Kulturverein zur Begrüßung. Etwa 25 Einwohner Allerbüttels waren ihrer Einladung zur Geschichtswerkstatt gefolgt, die in der Alten Schule im Ortskern stattfand. Es ging um das, was sich am Ende des Zweiten Weltkrieges, am 14. Januar 1945 in Allerbüttel abspielte, als amerikanische Flieger über dem Ort 110 Bomben abwarfen – die meisten davon glücklicherweise auf freies Gelände südlich des Dorfes. 2003 wurde eine Bombe entschärft: Zum Einstieg in den Austausch von persönlichen Erinnerungen von Zeitzeugen, dem, was andere Dorfbewohner noch vom Hörensagen ihrer Verwandten wussten und bekannten Fakten, las Christiane Reimann aus dem Buch „Kriegsende. Das Gifhorner Tagebuch 1945“ von Reiner Silberstein vor. Darin ist beschrieben, wie der Kampfmittelbeseitigungsdienst 2003 eine 500 Pfund-Bombe aus amerikanischer Produktion entschärfte. Die Bombe, die wohl für die Schleuse Sülfeld gedacht war, steckte damals viereinhalb Meter tief in der Erde. „Später musste noch eine zweite Bombe entschärft werden“, wussten Zuhörer. „Die war in der Wiese hinter unserem Haus“, ergänzte ein weiterer. Theo Tietge erinnert sich: „Die Reise in die Vergangenheit beginnt“, stellte Christiane Reimann fest und ermunterte die Gäste damit, sich weiter zu erinnern. Theo Tietge machte den Anfang: „Ich war neun Jahre alt. Mit diesem kindlichen Gemüt kann ich nur bruchstückhaft erinnern, wie es war.“ Dann flossen die Erinnerungen – an den sonnigen Tag mit dem blauen Himmel. Kalt sei es gewesen. „Minus 12 bis minus 15 Grad. Ich stand mit meinem Vater im Hof, schaute in den Himmel.“ Manchmal traute er seinen Erinnerungen nicht hundertprozentig. „Ich behaupte mal, ich habe die Flugzeuge gesehen.“ Dann wieder wusste er es ganz genau: „Mein Vater sagte: Jetzt schnell in den Keller!“ Dort, so erinnerte er sich, drückte seine Mutter ihn ganz fest an sich. Die Zuhörer sind gerührt: Es fällt ihm nicht leicht, weiterzuerzählen. Auch seine Zuhörer sind tief berührt. Weitere Erinnerungen werden zusammengetragen – an die „Angriffszeichen, die wie brennende Tannenbäume aussahen“, wie Willi Franz es erlebte, der damals zum Schlittschuhlaufen wollte. An die Zerstörung des Gasthauses, des Tagelöhnerhauses und natürlich die Opfer, die es zu beklagen gab. Vier Menschen starben sofort, einer erlag später seinen Verletzungen. „Eigentlich waren es sechs, denn die junge Frau war schwanger“, ergänzte Zeitzeuge Franz. Weitere Veranstaltungen geplant: Es wurde ein zwangloser Austausch – so, wie Christiane Reimann es sich gewünscht hat. Weitere Veranstaltungen zur Geschichtswerkstatt werden folgen. „2015 haben wir damit begonnen und sechs Abende gestaltet. Dann ist das Ganze über den Vorbereitungen zum Dorfjubiläum eingeschlafen. Jetzt wollen wir die Geschichtswerkstatt wiederbeleben. Irgendwann sollen die Berichte auch schriftlich, vermutlich in Buchform, festgehalten werden.“ Lesen Sie auch: So war das im Dorf Von Gesa Walkhoff

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