Trotz Corona-Lage: Gifhorner Tagesmütter sollen im Regelbetrieb arbeiten

Seit Tagen verfolgen Cornelia Wendenburg und etwa rund 100 weitere Tagespflegemütter gespannt jede neue Meldung zur Corona-Lage im Landkreis Gifhorn. Das Ankündigen strengster Kontaktregeln des Landkreises hat sie derart sauer gemacht, dass sie sich zu einem Protestbündnis zusammengeschlossen haben. Darum geht es... „Es wird immer gesagt, wir seien den Krippen gleichgestellt. Doch jetzt auf einmal ist in Kitas und Krippen Notbetreuung, aber wir müssen im Regelbetrieb bleiben“, sagt Wendenburg, Sprecherin des Protests. Der Landkreis sei in den Schlagzeilen wegen der Corona-Lage und den strengen Regeln. „Aber wir werden total vergessen. Dabei müssen wir ja auch selbst unsere Familie schützen.“ „Aber das Kontaktverbot ab 16.01 Uhr gilt dann privat?“: Sie betreut wie alle anderen als Selbstständige Kinder im eigenen Haus. Dort ist üblicherweise auch ausreichend Platz, nach genau überprüften Verordnungen. Doch nun müssen auch Ehemann und Kinder Platz finden, um Home-Office machen zu können. Auf weniger Fläche muss Wendenburg also die Kinder wie in Normalzeiten betreuen. „Das ist doch ein Unding. Wenn die Kinder von 8 bis 16 Uhr hier sind, gilt kein Kontaktverbot, ab 16.01 Uhr aber dann doch für mich privat?“ Die Tagesmütter wollten das so nicht hinnehmen und verfassten einen Brief an Minister Grant Hendrik Tonne und den Landkreis. Ergebnis: Der Landkreis gab den Hinweis, wer sich sorge, könne ja seine Pflegestelle schließen. 30 Tage für Urlaub und Krankheitstage stehen da zur Verfügung. Für jeden weiteren Tag wird den Tagesmüttern Geld abgezogen. Appell: Eltern können dazu beitragen, die Lage zu entspannen: Eine 51-jährige Tagesmutter aus dem Landkreis meldete sich ebenfalls bei der AZ. Dass Eltern in der Corona-Zeit nun 20 Krankheitstage für die Kinder mit hundertprozentiger Vergütung zugesprochen worden sein, sei gut und schön. „Aber dann sollte uns das auch zustehen.“ Ihr Appell an die Eltern: „Nutzt das jetzt, um uns zu entlasten.“ Eine Tagesmutter aus dem Raum Meinersen: „Ich habe selbst Autoimmunkrankheiten und achte privat streng auf Einhaltung der Kontaktregeln. Aber tagsüber soll ich aus zehn Haushalten Kinder betreuen. Das ist nicht okay.“ Denn: Den Betrieb einstellen möchten sie gar nicht. Alle berichten, wie sehr sie mit Leib und Seele Tagesmütter sind. Ihr Anliegen formuliert eine Gifhorner Tagesmutter: „Wir wollen einfach nur Gerechtigkeit.“ Als Notbetreuung würden sie und alle anderen sicher ihre Dienste aufrecht erhalten. Das bekräftigt Claudia Lehmann von der Tagespflege Moppelpo: „Ich würde sogar 24 Stunden das Kind einer Krankenschwester bei mir betreuen, weil die das gerade sicher brauchen kann. Aber alle Eltern, die ihr Kind zu Hause lassen könnten, sollten das bitte auch tun.“ „Da wird einfach eine Verordnung vorgeschoben“: Auf ihren Hilferuf reagierte der Landkreis inzwischen. Darin wird die Wichtigkeit der Tagesmütter betont. Aber der Landkreis halte sich an Verordnungen. Und die sehen aktuell vor, dass Tagesmütter im Regelbetrieb arbeiten. „Das kann doch nicht sein. Da wird einfach eine Verordnung vorgeschoben. Dabei haben wir in Gifhorn gerade die dramatischste Corona-Lage im ganzen Land“, so Wendenburg. Perspektivisch drohe, dass weitere Tageseltern, wie bereits im Herbst geschehen, ihre Arbeit dauerhaft ganz einstellen, das würde das Problem der ohnehin knappen Betreuungsplätze verstärken. Ihren offenen Brief beenden sie mit einem flammenden Appell: „Daher bitten wir sehr um Unterstützung, um auf lange Sicht hin unsere Tätigkeit als Tageseltern weiter ausführen zu können. Derzeit zweifeln wir enorm!“ Von Andrea Posselt