So laufen in Gifhorn die Digital-Gottesdienste an Heiligabend

Wenn die Menschen nicht zum Gottesdienst kommen, kommt der Gottesdienst zu den Menschen: Wegen der Corona-Pandemie verzichteten auch in Gifhorn die meisten Kirchen auf Präsenzgottesdienst und gingen digitale Wege. Die einen entschieden sich für Streaming, die anderen setzten auf Konferenz-Plattformen. Heiligabend, 18.30 Uhr: Normalerweise sind um diese Uhrzeit längst unzählige Menschen auf dem Gifhorner Marktplatz und in der St. Nicolai-Gemeinde versammelt. Diesmal sitzen ein Dutzend Teilnehmer eines Zoom-Gottesdienstes vor ihren Rechnern. Sie können bedenkenlos lauthals mitsingen, etwaige Aerosole bleiben in der Familie oder am Bildschirm. Allerdings muss man zunächst auf die Musik warten. Pastor Michael Groh ist auf dem Bildschirm mit Kopfhörern vor dem Altarhintergrund zu sehen. Plötzlich setzt die Musik doch noch ein. „Jetzt zu hören?“ „Super danke“, steht im Chat. „Gut, dass es hier eine Chatfunktion gibt.“ Später wird noch einmal kurzzeitig die Musik verstummen. „Das ist sowas von live, da passieren solche Dinge.“ Ansonsten navigiert Groh schon ganz zielsicher durch die gut 45 Minuten. Musikeinspielungen wechseln sich in einer Art Power-Point-Präsentation mit Gebet, Fürbitten und Gedanken ab. Dank der Konferenz-Plattform ist Interaktion möglich, so wechselt sich Groh mit einer Sitzungsteilnehmerin bei der Weihnachtsgeschichte ab. Zum Schluss gibt es noch kurze Plaudereien zum Weihnachts-Abschiedsgruß. Kirche im Brauhaus hat sichtlich Online-Erfahrung: Andere Gemeinden gehen auch online, nutzen aber Youtube als Livestream-Portal. Erfahren und professionell läuft das bei der Kirche im Brauhaus, die gleich mehrmals am Heiligabend sendet. Die Brauhaus-Band musiziert poppig, rockig auf. Unter anderem spielt die Regie Botschaften von Bürgermeister Matthias Nerlich und Kultbahnhof-Rocker Volker Schlag ein. Unter dem Motto „Weihnachten neu erleben“ gibt es auch einen locker-humorigen Film zur Weihnachtsgeschichte. Pastor Lothar Krauss geht auf seine eigene Infektions-Erfahrung ein und macht Mut: „Weihnachten ist das Fest des Lichts.“ Beim 17-Uhr-Stream sind 70 bis 80 Teilnehmer online. „Mir fehlen die Gesichter, in die ich blicken kann“: Zeitgleich sendet auch die St. Petri-Gemeinde in Müden über Youtube. Auch sie spielt die Weihnachtsgeschichte als Video mit Kindern als Hauptdarsteller ein. Daneben geben Teilnehmer – mehr als 100 sind online – Grüße ins Chat-Fenster ein. „Ich bin erfreut, dass Ihr den Chat nutzt“, sagt Diakon Christian Zimmermann, der durch den Christvesper-Livestream führt. Bei allen Vorteilen der Technik: „Mir fehlen die Gesichter, in die ich blicken kann“, zieht er ein Fazit vor der Webcam. Dann spielt er zahlreiche Gruß-Videos von Gemeindegliedern ab. Nicht alle Kirchengemeinden setzen auf die digitale Alternative zur Kontaktbeschränkung. Es gibt in Gifhorn auch Präsenzgottesdienste am späten Nachmittag des Heiligabends. Davon künden volle Parkplätze vor hell erleuchteten Gotteshäusern am I. Koppelweg und im Freitagsmoor. Von Dirk Reitmeister