Landgericht Hildesheim: Gifhorner ist erst Angeklagter, dann Zeuge

Die Straftat eines 29-jährigen Hildesheimers hatte ein Nachspiel für einen 28-jährigen Gifhorner. Er musste sich am Dienstag wegen des Vorwurfs des illegalen Waffenbesitzes und der Weitergabe von Waffen vor dem Amtsgericht Gifhorn verantworten. Dort wurde der 28-Jährige zu einer siebenmonatigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Außerdem muss er 1000 Euro Geldstrafe zahlen sowie die 2000 Euro aus dem illegalen Waffengeschäft zurückgeben. Erst Angeklagter, dann Zeuge: Kurz nach seiner Verurteilung in Gifhorn erschien er dann um 11.15 Uhr als Zeuge vor dem Landgericht Hildesheim. Dort saß sein 29-jähriger ehemaliger Arbeitskollege aus Hildesheim auf der Anklagebank. Dem 29-Jährige wurde Bedrohung, Verstöße gegen das Waffengesetz sowie versuchter Totschlag vorgeworfen. Als Zeuge gab der 28-jährige Gifhorner zu, im Frühjahr 2019, seinem ehemaligen Kollegen eine Pumpgun sowie eine Pistole verkauft zu haben. „Das war nur dies eine Mal und das war schon zu viel. Ich habe mich belatschern lassen“, gab er reumütig zu. Tür mit Flinte in der Hand geöffnet: Was sein ehemaliger Kollege dann mit den Waffen anstellt haben soll, stand in der Anklage der Staatsanwaltschaft Hildesheim. Der 29-Jährige soll die Trennung von seiner Lebensgefährtin nicht akzeptiert haben. Sie war mit dem gemeinsamen Kind aus der Wohnung im Hildesheimer Stadtteil Ochtersum ausgezogen. Der Angeklagte soll die Frau mit Sprach- und Textnachrichten bedrängt haben. Sie bat daraufhin einen ehemaligen Nachbarn, nach dem 29-Jährigen zu sehen. Als der Zeuge am 12. Juni 2019 morgens um 8 Uhr an der Tür des 29-Jährigen klopfte, soll dieser ihn mit einer nicht geladenen Vorderschaftrepetierflinte in der Hand empfangen haben. Die Polizei wurde informiert. Bei einer Hausdurchsuchung konnten die Beamten neben einigen Patronen die Flinte im Auto, eine entladene Selbstladebüchse im Bettkasten und eine scharfe halbautomatische Pistole in der Dunstabzugshaube in der Küche finden. Schüsse aus dem Auto: Wenige Wochen später, in der Nacht zum 5. Juli 2019, soll es zwischen dem Nachbarn und dem alkoholisierten 29-Jährigen zu einem Streit gekommen sein. Der Grund: Der Nachbar wollte verhindern, dass der 29-Jährige Kontakt zu seiner ehemaligen Lebensgefährtin aufnimmt. Im Laufe des Abends soll der Angeklagte dann mit einem Freund im Auto in Hildesheim unterwegs gewesen sein. Mitgenommen hatte der 29-Jährige eine geladene halbautomatische Pistole. Als er später zum Parkplatz vor seinem Wohnhaus zurückkam, soll er seinen Nachbarn auf dem Laubengang des Mehrfamilienhauses gesehen haben. Aus dem fahrenden Auto heraus habe er dann vier Schüsse in die Luft gefeuert – so der Staatsanwalt. Später soll er noch einmal über das Haus geschossen haben. Ein gezielter Schuss auf den Nachbarn konnte in der Beweisaufnahme nicht festgestellt werden. Damit war der Vorwurf der versuchten Tötung vom Tisch. Urteil: Zweieinhalb Jahre Freiheitsentzug: Die Kammer unter Vorsitz des Richters Rainer de Lippe verurteilte den Mann jedoch zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Den unerlaubten Waffenbesitz, die Bedrohung und versuchte Nötigung hielt die Kammer für erwiesen. Der Angeklagte hat nun eine Woche Zeit, Revision gegen das Urteil einzulegen. Von Bettina Reese

Landgericht - Prozesse um Waffenhandel und versuchte Tötung: Gifhorner ist erst Angeklagter, dann Zeuge