Gifhorn: Bisher keine Firmenpleten-Anstieg durch Corona

Lockdown und weniger Kundschaft: Trotz Corona-Krise und der damit verbundenen Folgen gab’s bisher in Deutschland jedoch keine Explosion der Firmenpleiten. Zahlen des Insolvenzgerichtes Gifhorn sind Beleg dafür, dass es auch in unserer Region so ist. Eine Prognose für 2021 gibt es noch nicht. Die Tatsache, dass es aktuell sogar weniger Firmenpleiten als im Vorjahr gibt, könnte damit zusammenhängen, dass die Bundesregierung die Insolvenz-Antragspflicht immer noch ausgesetzt hatte. Für Experten steht jedoch inzwischen fest, dass der Zusammenbruch von finanziell angeschlagenen und überschuldeten Unternehmen in wenigen Monaten bevorsteht. Kein Antrag bei Firmen-Überschuldung: Betriebe, die überschuldet sind, müssten aktuell keinen Insolvenzantrag beim zuständigen Amtsgericht stellen, erklärt Gifhorns Amtsgerichtsdirektorin Angelika Braut. Wegen der Corona-Pandemie habe der Bund dieses Pflicht ausgesetzt. Diese Regelung gelte vorerst weiter bis zum Ende des Jahres – jedoch nur bei Überschuldung, nicht bei Zahlungsunfähigkeit. Als zahlungsunfähig gelten Firmen, wenn sie mindestens zehn Prozent ihrer Rechnungen nicht mehr bezahlen können. Es bleibt dann eine Drei-Wochen-Pflicht, um einen schlüssigen Finanzplan auf dem Weg zu bringen. „Das Amtsgericht Gifhorn ist Insolvenzgericht für die Bereiche Gifhorn, Peine, Burgdorf und Lehrte“, erklärt Direktorin Angelika Braut. Sie hat die Entwicklung der bisher gemeldeten Insolvenzverfahren mit den Zahlen des Vorjahres verglichen. „Eine Aufteilung nach Gebieten würde einen sehr hohen Aufwand verursachen“, präsentiert Braut lediglich die Gesamtzahl der Fälle, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bearbeiten. So habe es bis Mitte Dezember 154 sogenannte IN-Verfahren gegeben. Bei einem IN-Verfahren handelt es sich um eine Regelinsolvenz – es ist also das Verfahren für Unternehmen, juristische Personen, Selbständige, Freiberufler, Vereine, Stiftungen oder Personengesellschaften. Die Zahl der IN-Verfahren im Vorjahr ist laut Braut deutlich höher gewesen. Sie habe 2019 bei genau 218 Fällen gelegen. Großteil der Insolvenzen kommt aus Peine: Auch bei den Verbraucherinsolvenzen und Kleinverfahren ist am Gifhorner Amtsgericht im Pandemie-Jahr 2020 kein Anstieg feststellbar – im Gegenteil. 467 dieser Verfahren (IK-Verfahren) beschäftigten das Gericht im Vorjahr, lediglich 273 waren es bis Mitte Dezember. „Ein Großteil der Insolvenzen kommt aus dem Bereich Peine, nicht aus Gifhorn“, führt Braut aus. In Corona-Zeiten Schuldner schneller entlasten – dieses Ziel verfolgt der Bund: Bereits nach drei Jahren sollen Betroffene auch aus dem Kreis Gifhorn zukünftig von ihren Schulden befreit sein. Die reguläre Verfahrensdauer lag bisher bei sechs Jahren. Am Donnerstag hat der Bundestag das Gesetz verabschiedet. Überschuldeten Verbrauchern und Unternehmen winkt somit ein beschleunigter Neuanfang. Die Verkürzung soll übrigens rückwirkend für alle Insolvenzverfahren gelten, die ab dem 1. Oktober beantragt wurden. Bisher war eine Verkürzung nur möglich, wenn die Schuldner alle Verfahrenskosten und 35 Prozent der Gläubiger-Forderung beglichen hatten. Zukunftsprognose ist Sache von Experten: „Jedenfalls kann man derzeit noch nicht feststellen, dass es wegen der Pandemie zu einem Anstieg der Insolvenzen gekommen ist“, bringt es die Direktorin des Gifhorner Amtsgerichts auf den Punkt. Eine Zukunftsprognose für das neue Jahr gib die Juristin nicht ab. „Das ist Sache von Wirtschaftsfachleuten“, so die Direktorin. Von Uwe Stadtlich