Corona-Infektionen: Verdi fordert nach Landkreis-Ankündigung: „Keine Polizei in Pflegeeinrichtungen“

Der Landkreis Gifhorn hat eine Task Force gegründet, um das Corona-Infektionsgeschehen in den Alten- und Pflegeheimen in den Griff zu bekommen. Sie soll beraten, aber mit Unterstützung der Polizei auch kontrollieren. Gerade das kritisiert nun die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Sie fordert: „Keine Polizei in Pflegeeinrichtungen!“ 43 Prozent der Corona-Infektionen im Landkreis Gifhorn sind Stand Montag in den Alten- und Pflegeheimen aufgetreten, berichtete Landrat Dr. Andreas Ebel bei der viel beachteten Pressekonferenz zur Corona-Lage im Kreis. Elf von 23 Heimen, insgesamt 385 Bewohner und Mitarbeiter, seien betroffen. „Die Hygienekonzepte sind nicht immer so eingehalten worden, wie es sein sollte“, sagte der Landrat. Zudem hätten sich Heimbewohner während gemeinsamer Spaziergänge bei ihren Angehörigen angesteckt und die Infektionen in die Heime getragen. Der Landkreis weist den Vorwurf von zu wenig Kontrollen zurück: Wurde also zu wenig kontrolliert? Diesen Vorwurf weist der Landrat zurück. Vielmehr seien zahlreiche Kontrollen durchgeführt worden. Die Fallzahlen in Alten- und Pflegeheimen seien seit Ende des Jahres deutschlandweit gestiegen – da bilde der Landkreis Gifhorn keine Ausnahme. Welche Heime bislang wie oft kontrolliert wurden? Dazu nennt der Landrat mit Hinweis auf den Datenschutz keine Zahlen. Lesen Sie auch: Hotspot Gifhorn: Wie die Zahl der Corona-Infektionen wieder sinken soll Die neu gegründete Task Force nimmt am Montag, 18. Januar, ihre Arbeit auf. Unter Führung der Heimaufsicht des Landkreises soll sie vorrangig die Einrichtungen beraten. Da das Virus auf unterschiedliche Arten in die Heime gelangt sei, soll sie laut Landrat auch „mögliche Schwachstellen aufdecken und beseitigen“. Durch die Unterstützung weiterer Kräfte, insbesondere auch der Polizei, könne die Task Force ihr Augenmerk zudem auf „etwaige gravierende Verstöße“ in den Einrichtungen richten und diese gegebenenfalls ahnden. Und genau diesen Schritt kritisiert die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Sie fordert: „Keine Polizei in den Pflegeeinrichtungen!“ Gewerkschaftssekretär Marcel Richter sagt: „Mit dieser denkbarst unsensiblen Ansage wird der Eindruck erweckt, in den Heimen gebe es grobes rechtswidriges Fehlverhalten, das für die Corona-Infektionen verantwortlich zu machen ist.“ Ein schlimmeres Signal könne man an die Beschäftigten kaum senden. Die hohe Zahl der Corona-Patienten und infizierten Heimbewohner belaste das Personal immens. Immer mehr Pflegekräfte würden selbst infiziert. „Das ist nicht nur eine extreme körperliche Herausforderung, das geht auch psychisch an die Substanz“, sagt Gewerkschaftssekretär Richter. Zu der Verantwortung für Patienten und Pflegebedürftige kämen eine enorme Belastung und die Angst um die eigene Gesundheit hinzu. Verdi kritisiert: Verdächtigungen und Polizeikontrollen helfen nicht: Verdi-Geschäftsführer Sebastian Wertmüller fordert den Landrat auf, diese Ankündigung zurückzuziehen und Polizeikontrollen in Pflegeeinrichtungen zu unterlassen: „Die, die tagtäglich bis zur Erschöpfung mit der Bewältigung der Pandemie und dem Schutz der Pflegebedürftigen zu schaffen haben, brauchen jetzt Ermutigung und Unterstützung. Sie brauchen Tests und Impfangebote und vor allem mehr Personal. “ Was ihrer Arbeit nicht helfe, seien Verdächtigungen und Polizeikontrollen. Lesen Sie auch: Ausgangssperre im Kreis Gifhorn: Polizeibilanz für den ersten Abend fällt positiv aus Ausgangssperre im Kreis Gifhorn: Was ist erlaubt – und was nicht? Trotz Corona Praktikumspflicht: Verliert Gifhornerin (25) ihren Traumjob? Von Christian Albroscheit