Corona-Hotspot Gifhorn: Die Tücken der Zahlenvergleiche

In der Corona-Pandemie schlägt auch die Stunde der Statistiker. Da geht es um Testquoten, landes- und bundesweite Rankings. Seit dem Wochenende etwa gilt der Landkreis Gifhorn in Niedersachsen als der Hotspot schlechthin. Weniger dramatisch klingt der Blick auf einen bundesweiten Vergleich: Laut Corona-Statistik, die sich aus Daten der Johns Hopkins University speist, belegt der Landkreis Gifhorn den 341. Platz im Vergleich der höchsten Infektionsraten aller 412 Landkreise und kreisfreien Städte in Deutschland. Bezogen auf die meisten Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in der letzten Woche belegt Gifhorn den 85. Platz. Unter allen Städten und Landkreisen hat Gifhorn die 319. höchste Sterblichkeitsrate. Das ist die Lage in Cloppenburg: Wie lassen sich diese Zahlen einordnen? Dafür hat die AZ mal beim Gesundheitsamt in Cloppenburg angerufen, der Landkreis lag am Dienstag – rein statistisch gesehen – beim Inzidenzwert hinter dem Landkreis Gifhorn. Die Lage in dem fast ähnlich großen Landkreis mit rund 156 000 Einwohnern: Bislang gemeldet sind 5691 Corona-Fälle (in Gifhorn sind es 2712), 77 Todesfälle in Zusammenhang mit dem Virus sind gemeldet (Gifhorn: 48). Die Gesamtzahl der Tests in Cloppenburg liegt bei mehr als 20 000 (Gifhorn: 10 687). Cloppenburg verfügt seit August über ein eigenes Testcenter. „Damit sind wir eine Ausnahme“, sagt Johannes Meyer vom Gesundheitsamt Cloppenburg. Dass die Zahlen im Land so unterschiedlich sind, sei auch eine Frage der Teststrategien der Gebietseinheiten, ebenso was Entscheidungsträger daraus schlussfolgern. Der Landkreis Gifhorn hatte zuletzt immer wieder betont, dass der hohe Inzidenzwert auf verstärkten Testungen basiert. Mehr Tests, mehr Positivfälle: „Je mehr ich teste, desto mehr fische ich heraus, dann steigt auch der Inzidenzwert“, so Meyer. In Cloppenburg etwa werde bei einem Positivfall auch automatisch die Familie getestet, was wiederum andere Kommunen nicht tun, sondern diese ungetestet in Quarantäne schicken. Von daher sei vieles im Land nicht einfach so vergleichbar. Was rein statistische Rankings angeht, dafür hat Meyer eher ein müdes Lächeln übrig. Im Ringen um ein Eindämmen der tödlichen Virusinfektionen jedenfalls seien für ihn reine Zahlenspiele nicht maßgeblich. Von Andrea Posselt