„Aus der Vergangenheit lernen, erinnern für die Zukunft“ oder „Seid wachsam“: So steht es auf zweien der Kränze, die im Rahmen einer Gedenkfeier der IG Metall Wolfsburg am Kindergrab auf dem Rühener Friedhof niedergelegt wurden. Mit der Veranstaltung erinnert die Gewerkschaft im Rahmen ihrer jährlichen Antifa-Woche an die Opfer des NS-Kinderlagers Rühen.
274 Kinder gestorben
In den Jahren 1944 und 1945 seien in dem nationalsozialistischen Kinderlager274 Kinder von Zwangsarbeitern durch schlechte hygienische Zustände, Infektionen, Krankheiten und Mangelernährung gestorben, wie einer Info-Tafel am Grab zu entnehmen ist. Die Säuglinge seien kurz nach der Geburt von ihren Müttern getrennt worden, damit sie nicht deren Arbeitskraft banden.
Wichtiger Rüstungsbetrieb
Die Eltern waren laut dem Info-Text als Zwangsarbeiter im Volkswagenwerk, im Zweiten Weltkrieg ein wichtiger Rüstungsbetrieb, eingesetzt. Sie durften ihre Kinder demnach nur sonntags besuchen und mussten den zwölf Kilometer langen Weg zu Fuß zurücklegen. Sowohl die Kosten für die Unterbringung der Kinder im Lager sowie auch deren Bestattungskosten seien ihnen vom Lohn abgezogen worden.
Gedenkstätte neu gestaltet
Die Gedenkstätte auf dem Friedhof wurde jüngst durch Rühener Vereine neu gestaltet, koordiniert wurde die Aktion von Thomas Reimer. Für diesen Einsatz bedankte sich der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Wolfsburg, Hartwig Erb, während seiner Rede bei Reimer und allen Mitwirkenden.
Grabplatte gefunden
Sieben Arbeitseinsätze seien nötig gewesen, erklärte Reimer, der sich „sehr froh und dankbar“ für die tatkräftige Unterstützung der Vereine und die finanzielle Unterstützung durch die IG Metall Wolfsburg und die Samtgemeinde Brome zeigte. Bei der Entfernung der alten Pflanzen sei auch eine Grabplatte wiedergefunden worden, deren Existenz durch Unterlagen bereits bekannt war, die nun wieder sichtbar auf die Gedenkstätte gelegt wurde.
Erschütternde Daten
Die Grabplatte gehöre zu einem Mädchen, das im Kinderlager sein Leben verlor. Reimer verlas die erschütternden Daten: Sie wurde am 22. Oktober 1944 geboren und ist am 21. November 1944 verstorben. „Leider ist die Platte aus Sandstein und nicht wieder restaurierbar“, erklärte Reimer. An der Grabplatte werde aber dank eines Stifters demnächst noch eine Messingplatte aufgebracht, „stellvertretend für die vielen verstorbenen Kinder hier.“
Interreligiöses Gebet
Neben Erb und Reimer sprachen auch Susanne Preuk als Mitglied des Betriebsrates bei Volkswagen sowie der Vorsfelder Propst, Dr. Ulrich Lincoln bei der Gedenkfeier. Schüler der Realschule Rühen beteiligten sich mit einem Vortrag, Vertreter verschiedener Religionsgemeinden hielten zudem ein interreligiöses Gebet.
Von Alexander Täger