Der Parsauer Rolf-Dieter Lehn war beim deutschlandweiten Bürgerrat dabei

„Ich würd’s wieder machen. Ich habe sehr viel gelernt und neue Eindrücke gewonnen“, sagt Rolf-Dieter Lehn. Der 68-jährige Rentner war einer von 169 Menschen aus ganz Deutschland, die am Bürgerrat „Deutschlands Rolle in der Welt“ teilnahmen. Ob und wie die Politik die Ergebnisse der Veranstaltung umsetzen werde, ist für den Parsauer allerdings „ein großes Fragezeichen“. Fünf Wochen zwei mal pro Woche – mittwochs abends drei Stunden und samstags von 9 bis 17 Uhr – klinkte sich Lehn in den zweiten Bürgerrat der Organisation Mehr Demokratie ein, der wegen der Coronaregeln online stattfand. „Die Organisation war super, die Videokonferenzen liefen tadellos.“ Die Teilnehmer waren in Gruppen eingeteilt, die bestimmte Themenkomplexe bearbeiten sollten. Lehn war der „Nachhaltigkeit“ zugelost worden. Empfehlungen werden an Wolfgang Schäuble übergeben: „Die Großgruppe war nochmal unterteilt in Gruppen von drei bis sechs Leuten. Sonst wäre man nie zu Wort gekommen.“ Über Abstimmungen am Ende der einzelnen Diskussionen wurden die Ergebnisse des Bürgerrats, 32 explizite „Empfehlungen“ – in erster Linie die Außenpolitik betreffend – ermittelt. Die werden bis Mitte März nun in ein „Bürgergutachten“ gefasst und dann dem Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble überreicht. Das Ganze hat dem Parsauer „Spaß gemacht“, und auch für die Moderatoren der Sitzungen hat der ehemalige Bankfilial-Leiter (in Parsau) und international agierende Landmaschinen-Verkäufer nur Lob übrig: „Die waren alle gut.“ Eine andere Sache sei dagegen „erschreckend“ gewesen: Der Mangel an Informationen und Hintergrundwissen habe bei manchen Teilnehmern festen Meinungen gegenüber gestanden. Besonders arg setzten dem „Realo und Pragmatiker“ jene zum Thema Landwirtschaft, zum Bauernstand und Nahrungsmitteln zu: „Das war sehr unbefriedigend.“ Die beste Demokratie in der Welt: Die vom Bürgerrat verfolgten Ziele – über allem das der „Menschlichkeit“ – seien „100-prozentig in Ordnung“ und die Demokratie in Deutschland mit ihrem hohen Grad an Rede- und Meinungsfreiheit „die beste in der Welt“. Im Gegensatz zu anderen Staatsgebilden wie China, Russland oder den USA, die ob ihrer schieren Größe und der Anzahl an Individuen bereits einer „diktatorischen Demokratie“ bedürften. „Die Politiker sind weltfremd“: Aber auch für die Politik in Deutschland hat Lehn eine pauschale Kritik parat, worauf auch die Skepsis in Bezug auf die Umsetzung der vielen guten Ratschläge aus dem Bürgerrat resultiert: Deren Vertretern, also den Politikern, mangele es an „Realitätssinn. Sie bewegen sich nur in ihren Kreisen, sie sind weltfremd. Wann war wohl das letzte Mal einer von ihnen in einer Arbeiterkneipe?“ Deutschland allein ist zu klein: Die greifbarste Erkenntnis, die Rolf-Dieter Lehn aus der Teilnahme am Online-Bürgerrat „Deutschlands Rolle in der Welt“ ziehen konnte, war wohl jene, dass sich Deutschland „mit der EU einig werden“ muss, denn „allein ist es zu klein“, um international, global bestehen zu können. Der Bürgerrat „Deutschlands Rolle in der Welt“ diskutierte die Themenfelder Nachhaltigkeit, Wirtschaft und Handel, Frieden und Sicherheit, Demokratie und Sicherheit sowie die Europäische Union. Die am Ende verfassten „Kernaussagen“ hält Teilnehmer Rolf-Dieter Lehn für „ein bisschen sehr theoretisch“. 1. Deutschlands Rolle in der Welt sehen wir zukünftig als faire Partnerin und Vermittlerin, die gemeinschaftlich mit anderen, insbesondere mit der EU, eine Welt gestaltet, in der auch zukünftige Generationen selbstbestimmt und gut leben können. 2. Dazu setzen wir uns global für Nachhaltigkeit, Klimaschutz und die Wahrung der Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Frieden und Sicherheit ein. 3. Wir wollen uns unserer Verantwortung für das Erreichen dieser Ziele stellen, indem wir transparent und vorausschauend handeln und unseren eigenen Ansprüchen gerecht werden. 4. Wenn wir dabei innovativ und inspirierend im eigenen Land vorgehen, selbstkritisch voneinander lernen und konsequent handeln, können wir für andere zum Vorbild werden. Lesen Sie auch: Zwei Ettenbütteler sind beim Bürgerrat 2019 dabei 28 Parsauer sind für einen Bürgerrat zur Rolle Deutschlands in der Welt ausgelost Von Jörg Rohlfs